Obwohl die Rentenkommission ihre Reformempfehlungen erst voraussichtlich 2020 vorstellen wird, will die große Koalition bereits in diesem Jahr mit der doppelte Haltelinie und der Mütterrente II milliardenteure Rentenänderungen beschließen, welche die junge Generation übermäßig belasten wird. Wir sagen: Generationengerechtigkeit geht anders!
12. Juni 2018Vorschläge RentenreformZur Anzeige RentenmoratoriumINSM Position Rente
Wie die Rentenpläne der neuen Bundesregierung unter SPD-Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil aussehen und was sie für Deutschland bedeuten:
Der seit Jahren überfällige große Wurf zur Reform zur nachhaltigen Sicherung der gesetzlichen Rente lässt erneut auf sich warten. Stattdessen plant die große Koalition laut Koalitionsverstrag neue „doppelte Haltelinien“ für den Beitragssatz und das Rentenniveau, die bis zum Jahr 2025 praktisch so gut wie wirkungslos bleiben, danach aber unbezahlbar werden.
Eine Rentenkommission soll daher Vorschläge erarbeiten, wie die gesetzliche Rente trotz Haltelinien auch nach 2025 bezahlbar und leistungsfähig bleibt – quasi als To-do-Liste für die übernächste Regierung. Statt abzuwarten, bis die Rentenkommission ihre Ergebnisse vorlegt, verschlechtert die Große Koalition mit dem milliardenschweren Rentenpaket die Lage der gesetzlichen Rente weiter und untergräbt damit schon im Vorfeld die Arbeit der Rentenkommission.
Der Koalitionsvertrag sieht darüber hinaus eine weitere Ausweitung der Mütterrente vor. Sie kostet unsere Kinder rund vier Milliarden Euro. Die Mütterrente sieht vor, dass Mütter und Väter, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, drei statt nur zwei Jahre Erziehungszeit in der Rente angerechnet bekommen. Dies gilt aber nur für Eltern mit drei oder mehr Kindern. Ob das Vorhaben verfassungsrechtlich Bestand haben wird, ist noch abzuwarten. Als versicherungsfremde Leistung gehört es zudem nicht in die Rentenversicherung, sondern sollte als gesamtgesellschaftliche Aufgabe über Steuern finanziert werden.
Eines ist jetzt schon klar: Sollte das Rentenpaket aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden, müssen in Zukunft noch mehr Steuern in die Rente fließen, als nach geltendem Recht ohnehin schon vorgesehen. Vor allem die „doppelte Haltelinie“, wonach der Rentenbeitrag nicht über 20 Prozent steigen und das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken soll, wird Milliarden verschlingen. Das Perfide daran: Noch teurer wird die „doppelte Haltelinie“ erst nach dem Jahr 2025.
Wenn das Rentenniveau nicht weiter sinken und der Beitrag nicht steigen darf, muss das Geld woanders herkommen. Hierfür will die Große Koalition den Steuerzahler in die Pflicht nehmen. Schon heute fließen knapp 100 Milliarden Steuermittel in die Rente, mit steigender Tendenz. Mit der „doppelten Haltelinie“ steigt der Steuerzuschuss deutlich – erst langsam und dann schnell. Berechnungen der Rentenversicherung gehen von drei Milliarden im Jahr 2025 aus. Der Münchener Rentenforscher Prof. Axel Börsch-Supan schätzt den zusätzlichen Finanzbedarf aus Steuern durch die neue doppelte Haltelinie im Jahr 2025 auf knapp elf Milliarden Euro. Sollte die doppelte Haltelinie danach gelten, steigt die Belastung schnell stark an. 2030 sind es bereits 45 Milliarden Euro, 2035 auf mehr als 80 Milliarden Euro – und diese Politik bis 2060 fortgesetzt – läge der Finanzbedarf dann bei knapp 180 Milliarden Euro. „Wie auch immer das finanziert wird – diese Kosten sind unbezahlbar“, sagte dazu Börsch-Supan der Süddeutschen Zeitung. Eine unbezahlbare Rentenpolitik ist auch keine generationengerechte Politik. Dabei heißt es im Koalitionsvertrag: „Die Rente muss für alle Generationen gerecht und zuverlässig sein.“
Die Rentenpläne sehen für 2019 auch die Einführung einer so genannten Grundrente vor. Sie soll bekommen, wer 35 Jahre an Beitragszeiten oder Zeiten der Kindererziehung bzw. Pflegezeiten vorweisen kann und bedürftig ist. Die Grundrente soll zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs liegen. Dahinter steckt der Gedanke, dass jemand, der sein Leben lang gearbeitet hat, im Alter mehr haben soll als die Grundsicherung. Solche Sonderrenten können aber laut einem Gutachten des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) Altersarmut nicht verhindern. Einer der Hauptgründe für Altersarmut ist eine zu geringe Zahl von Versicherungsjahren und betrifft vor allem Selbstständige und Langzeitarbeitslose. Diesen Menschen würde eine Grundrente also gar nicht helfen. Zudem würde die Grundrente das Leistungsprinzip untergraben, wonach gilt: Jemand, der viel einzahlt, erhält eine höhere Rente, wer wenig einzahlt, eine entsprechend niedrigere Rente. Auch schafft eine Grundrente neue Formen der Ungleichbehandlung von Versicherten.