Soziale Marktwirtschaft
Faktensammlung

Die Fehler der Energiewende

Der Umbau der Stromerzeugung belastet Haushalte, schwächt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft - vor allem aber: Der Umwelt ist wenig geholfen. Wie kann die Energiewende trotz steigender Kosten gelingen? Diese Faktensammlung zeigt, was an der Energiewende im Stromsektor schief läuft.

18. Januar 2017

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Einführung

Gut gemeint heißt noch lange nicht gut gemacht.

Neues Jahr, neue Strompreisrunde: Die EEG-Umlage ist 2017 um einen weiteren halben Cent gestiegen – 6,88 Cent zahlen Stromkunden nun pro Kilowattstunde für die Förderung der erneuerbaren Energien. Die aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) resultierende Zwangsabgabe hat sich binnen zehn Jahren fast versiebenfacht.

Zwar hatte die Mehrheit der Bundesbürger den Atomausstieg nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 begrüßt. Doch der Umbau der Stromerzeugung kommt Haushalte wie Unternehmen nun immer teurer zu stehen.

Die Förderung des Ökostroms mittels garantierter Einspeisevergütungen trägt dazu bei, dass der Neubau von Solar-, Windkraft- und Biogasanlagen den Bedarf weit übersteigt. Der Ausbau der Stromnetze hält nicht Schritt. Immer häufiger muss regulierend in die Stromproduktion eingegriffen werden, um die Stabilität der Netze nicht zu gefährden.

Das alles verursacht Kosten, die die Haushalte belasten und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft schwächen. Und auch der Umwelt ist wenig geholfen. Denn wie viel klimaschädigendes Kohlendioxid die Stromerzeuger und Unternehmen europaweit emittieren dürfen, hängt einzig und allein vom europäischen Emissionsrechtehandel ab: Jede Tonne CO2, die Deutschland einspart, darf anderswo zusätzlich ausgestoßen werden.

Was genau an der hiesigen Energiewende im Stromsektor schief-läuft, lässt sich anhand dieser Faktensammlung nachvollziehen.

 

Die Energiewende wird teuer

Das Projekt Energiewende ist ein teures Unterfangen. Die bisher entstandenen Kosten summieren sich bereits auf über 150 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2025 ist mit weiteren 370 Milliarden Euro zu rechnen. Etwa drei Viertel der Gesamtsumme sind auf die Belastung der Stromverbraucher durch die EEG-Umlage zurückzuführen, über die die Förderung der Ökostrom-Anlagen finanziert wird. Der zweite große Kostenpunkt ist der Ausbau der Stromnetze, der nötig ist, um die Elektrizität aus Wind und Sonne dorthin zu transportieren, wo sie gebraucht wird.

Jeder einzelne Bürger in Deutschland zahlt rechnerisch in den Jahren von 2000 bis 2025 insgesamt etwa 6.000 Euro für die Umsetzung der Energiewende. Das sind über 20 Euro monatlich.

Quelle zur Grafik: DICE Consult, 2016

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Die EEG-Umlage erreicht ein neues Allzeithoch

Die Kosten für die Förderung von Solar-, Windkraft- und anderen Ökostrom-Anlagen tragen die Strom­kunden, und zwar über die EEG-Umlage. Diese errechnet sich aus der Differenz zwischen den Börsenstrompreisen und den im EEG festgelegten – höheren – Vergütungssätzen, zu denen die Netz­betreiber den regenerativen Strom abnehmen müssen.

Entgegen früheren Versprechungen ist die Umlage drastisch gestiegen. Im Jahr 2016 lag sie bei 6,35 Cent pro Kilowattstunde, 2017 sind sogar 6,88 Cent fällig. Mittelfristig könnte die Umlage – trotz EEG-Reform – auf bis zu zehn Cent steigen.

Der Strompreis besteht zur Hälfte aus Steuern, Abgaben und Umlagen

Wer seine Stromrechnung begleicht, zahlt nicht nur für Erzeugung, Vertrieb und Transport des Stroms. Mehr als die Hälfte des Preises ist auf Steuern, ­Abgaben und Umlagen zurückzuführen. Mussten kleine und mittlere Industriekunden dafür im Jahr 1998 noch 0,19 Cent je Kilowattstunde hinblättern, waren es im Jahr 2016 schon 8,55 Cent. Der Anteil des Staates am Industriestrompreis ist also seit 1998 von zwei auf 55 Prozent gestiegen.

Bei Haushaltskunden machen Steuern, Abgaben und Umlagen 54 Prozent des Strompreises aus. Den mit Abstand größten Einzelblock bildet dabei die EEG-Umlage. Erzeugung, Transport und Vertrieb werden dagegen tendenziell günstiger.

Kaum ein EU-Land bittet seine Stromkunden so zur Kasse wie Deutschland

Dass viele Bundesbürger mit der Energiewende vor allem eine immer happigere Stromrechnung verbinden, ist verständlich: Ein Drei-Personen-Haushalt zahlt 2017 allein für die EEG-Umlage durchschnittlich rund 275 Euro – das ist sechsmal so viel wie 2008, als es nur 46 Euro waren.
Der Strompreis für Privathaushalte ist von 2008 bis 2015 um 36 Prozent geklettert. Zuletzt kostete eine Kilowattstunde Elektrizität 29,51 Cent.

In Europa ist der Strom für Privatverbraucher heute lediglich in Dänemark teurer als in Deutschland. Und auch der Preisanstieg fiel nur in wenigen EU-Ländern kräftiger aus als in Deutschland.

Quelle zur Grafik: BMWi, 2016

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Die Industrie finanziert einen großen Teil der Energiewende

Je höher der Stromverbrauch, desto höher die absolute Belastung durch die steigende EEG-Umlage. Auf die Industrie entfielen in den vergangenen Jahren mehr als 40 Prozent des Nettostromverbrauchs in Deutschland. Knapp 96 Prozent aller Industriebetriebe mussten in den vergangenen Jahren die volle EEG-Abgabe zahlen, nur gut vier Prozent waren befreit.

Für Betriebe in mittelständisch geprägten Branchen des Verarbeitenden Gewerbes zum Beispiel ist die Belastung durch Abgaben von 2009 bis 2014 um 70 Prozent gestiegen – und das, obwohl immer energieeffizienter produziert wird.

Die hohen Energiekosten schaden im internationalen Wettbewerb

Um zu investieren, brauchen Unternehmen klare und verlässliche Rahmenbedingungen. Im Energiesektor waren die zuletzt kaum gegeben. Für kleinere und mittlere Industriebetriebe hat sich Strom von 2005 bis 2015 um 57 Prozent verteuert – und zwar hauptsächlich deshalb, weil die staatlichen Abgaben stark gestiegen sind.

Da die Energiekosten etwa in den USA oder in den europäischen Nachbarländern deutlich niedriger sind, haben dort ansässige Unternehmen auf dem Weltmarkt einen klaren Wettbewerbsvorteil. Für energieintensive Branchen sind günstigere Energiekosten ein zentraler Standortfaktor, wenn sie über neue Investitionen entscheiden.

Quelle zur Grafik: BMWi, 2016

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Der Ökostrom-Ausbau überfordert Netze und Verbraucher

* Ziel der Bundesregierung für 2025 laut Koalitionsvertrag 2013

In den vergangenen Jahren wurden die Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien immer wieder übertroffen. So kamen in den Jahren 2010 bis 2012 fast viermal so viele Photovoltaikanlagen ­dazu wie ursprünglich vorgesehen.

Derzeit sprießen die Offshore-Windparks um einiges schneller aus dem Meer als geplant. Das Problem an der eigentlich positiven Bilanz: Der Netzausbau kann mit diesem rasanten Tempo nicht mithalten. Außerdem wachsen mit der Menge des regenerativen Stroms auch die Förderkosten, die auf die Verbraucher umgelegt werden.

Der Netzausbau hinkt hinterher

Ohne einen umfangreichen Netzausbau verursacht die Energiewende erhebliche Zusatzkosten. Schon heute kann Strom aus Sonne, Wind und Biomasse oft nicht ins Netz eingespeist werden, weil die Leitungen überlastet sind und der Netzausbau nicht schnell genug vorankommt.

Das im Jahr 2009 beschlossene sogenannte Startnetz besteht aus 1.800 Leitungskilometern, von denen 900 genehmigt und 650 fertiggestellt sind. Im dritten Quartal 2016 kamen gerade einmal drei Kilometer dazu.

Darüber hinaus wurde 2012 der Ausbaubedarf des Stromnetzes festgelegt: Dieser umfasst insgesamt 6.100 Kilometer, von denen 3.050 der Netzverstärkung dienen – und bisher erst 400 Kilometer genehmigt sowie 80 realisiert sind. 

Engpässe im Stromnetz kosten gut eine Milliarde Euro jährlich

Die schwankende Leistung von Wind- und Photovoltaikanlagen belastet die Stromnetze. Die Netzbetreiber müssen immer häufiger eingreifen, um deren Stabilität zu gewährleisten. Das gesamte Engpass-Management kostete im Jahr 2015 mehr als eine Milliarde Euro.

Besonders teuer sind Redispatch-Maßnahmen, also Eingriffe in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken. Weil leistungsstarke Stromtrassen fehlen, ist es je nach Wetterlage nötig, Windräder im Norden stillstehen zu lassen und konventionelle Anlagen im Süden hochzufahren. Die Zeche zahlen die Stromverbraucher: Der Netzbetreiber Tennet zum Beispiel hat die Netzentgelte zum Jahreswechsel 2016/17 um 80 Prozent erhöht.

Das Fördersystem verhindert Technologie-Wettbewerb

* Rest zu 100 Prozent: Sonstige

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz garantierte bis 2016 für jede neue Ökostrom-Anlage einen festen Stromabnahmepreis. Von 2017 an kommen größere Neuanbieter zwar nur noch in den Genuss der Förderung, wenn sie in einem Ausschreibungsverfahren zu den günstigsten gehören. Bis heute jedoch sind die Mitnahmeeffekte hoch und haben die Frage in den Hintergrund gedrängt, welche Technologien für welchen Standort am besten geeignet sind.

Deutlich wird das am Solarboom im sonnenarmen Deutschland: Ende 2015 waren rund 1,5 Millionen Anlagen mit einer Nennleistung von etwa 39 Gigawatt installiert – das ist Platz drei der Energieträger nach den fossilen Brennstoffen und dem Wind. Zur Brutto-Stromerzeugung trägt die Photovoltaik indes nur 6,0 Prozent bei.

Die Klimabelastung sinkt kaum

* Vorläufige Angabe

Der rasante Ausbau erneuerbarer Energien täuscht über die Tatsache hinweg, dass die Energiewende in anderen Bereichen ihrem Zeitplan hinterherhinkt. So soll der Stromverbrauch im Jahr 2020 eigentlich um 10 Prozent niedriger sein als 2008. Bis 2015 war aber erst eine Verringerung um 3,7 Prozent geschafft. Auch bei der Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen sind keine nennenswerten Erfolge zu verzeichnen.

Bei der Stromproduktion entsteht heute sogar mehr Kohlendioxid als im Jahr 2009 – und das hat einen einfachen Grund: den beschleunigten Atomausstieg seit 2011. Der Ausfall der Stromproduktion muss vor allem von Braunkohlekraftwerken kompensiert werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Und die trüben die CO2-Bilanz.


 

Ausgewählte Quellen

Kosten der Energiewende
Gutachten im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), DICE Consult, Oktober 2016

BDEW-Strompreisanalyse November 2016 – Haushalte und Industrie
BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, 2016

EEG-Umlage 2016: Fakten & Hintergründe
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Oktober 2015

EEG 2017: Eine Kostenabschätzung
Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Oktober 2016

Monitoringbericht 2015
Bundesnetzagentur, März 2016