Die Corona-Pandemie und die deutlich gestiegenen Energiepreise stellen unsere Gesellschaft vor große, nicht zuletzt finanzielle Herausforderungen. Damit der Staat auch für zukünftige Krisen gewappnet ist, sollte Deutschland grundsätzlich an der Schuldenbremse festhalten.
25. Oktober 2022Mit der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse wird den Bundesländern eine „strukturelle“, also von der Konjunktur unabhängige, staatliche Neuverschuldung untersagt und für den Bund auf maximal 0,35 Prozent des nominellen Bruttoinlandsprodukts beschränkt. In wirtschaftlich normalen Zeiten wird so eine übermäßige Verschuldung verhindert, während in besonderen Krisenzeiten mit der sogenannten Kanzlermehrheit des Bundestags die Schuldenbremse ausgesetzt werden kann.
In einer solchen Krisenzeit befinden wir uns aktuell.
Die Mehrausgaben des Staates haben in der Pandemie geholfen, die finanziellen Folgen der Corona-Krise für Menschen und Unternehmen abzumildern. Und sie sind jetzt notwendig, sowohl um die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges hierzulande zu dämpfen als auch Ukrainerinnen und Ukrainern zu helfen. Sowohl denen, die zu uns kommen, als auch jenen, die unsere Unterstützung in der Ukraine brauchen.
Möglich wurde und wird diese Unterstützung durch eine solide Haushaltspolitik in der Zeit VOR der Pandemie. Die Finanzlage des deutschen Staates hatte sich im vergangenen Jahrzehnt aufgrund günstiger Rahmenbedingungen stetig verbessert. Seit 2012 erzielte der Staat Budgetüberschüsse und die Staatsschuldenquote sank 2019 erstmals seit 2002 wieder unter die im so genannten Stabilitäts- und Wachstumspakt verankerte Schuldenobergrenze von 60 Prozent.
Wir müssen alles tun, damit der deutsche Staat zügig wieder auf diesen soliden Finanzierungspfad gelangt. Ziel muss es sein, baldmöglichst wieder die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einzuhalten.
Die Basis für mehr private Investitionen in Deutschland sind attraktive und langfristig verlässliche Rahmenbedingungen. Dazu gehört, dass der Solidaritätszuschlag für alle abgeschafft wird.
Anreize für private Investitionen sollten unter anderem durch ein international wettbewerbsfähiges Steuersystem gesetzt werden. Auch Entlastungen von der Steuerbürokratie stärken die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.
Grundvoraussetzung für mehr staatliche Investitionen ist zuallererst, dass die zur Verfügung gestellten Mittel effizient eingesetzt und tatsächlich abgerufen werden. Dafür müssen Planungskapazitäten auf allen Ebenen ausgebaut und bürokratische Hürden abgebaut werden.
Investitionen in digitale Infrastruktur in der Fläche sowie in Bildungsinfrastruktur müssen langfristig und stetig getätigt werden. Geld für Bildung muss vor allem effektiver für Qualität, Durchlässigkeit und Integration im Bildungssystems eingesetzt werden, um auch dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Zwar bietet die Schuldenbremse genug Spielraum für größere Investitionsprojekte, dennoch wurden die Mehreinnahmen des Staates in den letzten Jahren hauptsächlich für die Ausweitung von Sozialleistungen genutzt. Besser ist es, die Bekämpfung der Ursachen von Bedürftigkeit stärker in den Fokus zu rücken als die Abmilderung ihrer Folgen durch höhere Sozialtransfers.
Das ist umso wichtiger, weil der demographische Wandel die deutsche Haushaltspolitik vor große Herausforderungen stellt. Bereits heute beträgt der Steuerzuschuss des Bundes zur Rentenversicherung rund 100 Milliarden Euro pro Jahr – Tendenz steigend. Ohne Reformen wird der Spielraum der Politik, mit klugen Investitionen die Zukunft zu gestalten, immer kleiner. Es gilt daher jetzt, die Sozialversicherungen langfristig tragfähig zu gestalten und die Lasten des demographischen Wandels generationengerecht zu verteilen.