Pressemeldungen
Deutschland-Umfrage

Chancen entscheidender Faktor für Gerechtigkeit

 Im Mittelpunkt einer gerechten Gesellschaft steht für die Deutschen die Chancen- und Teilhabegerechtigkeit. Dies ist das zentrale Ergebnis einer Untersuchung, die das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD Allensbach) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) durchgeführt hat. „Für 90 Prozent der Befragten ist das Ziel allen Kindern gleiche Bildungschancen zu geben, ausschlaggebend für soziale Gerechtigkeit“, so Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM. Vergleicht man die unterschiedlichen Gerechtigkeitsdimensionen treten Aspekte wie die Verteilung von Einkommen und Vermögen in den Hintergrund. „Nur für 21 Prozent der Befragten hat Verteilungsgerechtigkeit Vorrang, wohingegen fast dreimal so vielen – 57 Prozent – Chancengerechtigkeit am wichtigsten ist“, so Prof. Dr. Renate Köcher, Geschäftsführerin des IfD Allensbach.

14. Februar 2013

Pressemeldung IfD Allensbach-Umfrage Alle Grafiken der Umfrage (Quelle: INSM) Statement Hubertus PellengahrINSM-Positionspapier "Gerechtigkeit"INSM Kampagne "Gerechtigkeit 2013"

In Deutschland wird derzeit zwischen den Parteien kontrovers über soziale Gerechtigkeit diskutiert. Zu Recht, wie die Umfrage zeigt, denn beinahe 70 Prozent der Deutschen empfinden eine wachsende Gerechtigkeitslücke. Die müsse nicht von der Wirtschaft, sondern von der Politik geschlossen werden. Dieser Meinung sind 65 Prozent der Befragten. „Schon Ludwig Erhard wies darauf hin, die Aufgabe der Wirtschaft sei der ökonomische Erfolg - den Kuchen zu vergrößern – und damit die Schaffung von finanziellen Spielräumen, die es erlauben, sozialen Ausgleich herzustellen“ erklärte Pellengahr. Doch die Politik kommt ihrer Aufgabe in den Augen der Befragten nur unzureichend nach. Knapp zwei Drittel sehen die Politik vielmehr als Verursacher von mehr Ungleichheit.  

Was ist zu tun? - dazu hat die große Mehrheit der Deutschen klare Vorstellungen und auch hier ist das zentrale Kriterium die Chancengerechtigkeit. Besonders viel versprechen sich die Bürger von einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, z. B. von besseren Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinder und von Maßnahmen, mit denen Schüler im Bildungssystem besser auf das Berufsleben vorbereitet werden. Pellengahr: „Bildung ist vorsorgende Sozialpolitik: Deutschland leistet sich zu viele Schulabbrecher und Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung. Mehr Gerechtigkeit entsteht durch gleiche Bildungs- und Teilhabechancen. Hier muss die Politik ihren Ankündigungen endlich Taten folgen lassen, statt auf rückwärtsgewandte Steuerdiskussionen oder populistische Umverteilungsforderungen zu setzen.“ Von der Einführung einer Frauenquote für Spitzenpositionen verspricht sich die Mehrheit keinen nennenswerten Beitrag zur Chancengerechtigkeit. Auf klare Ablehnung trifft das Betreuungsgeld: nur 21 Prozent halten es für geeignet, um mehr Gerechtigkeit herzustellen. 

In Bezug auf die Sicherung der Leistungsgerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt hält es die Bevölkerung vor allem für wichtig, das sogenannte Abstandsgebot zu wahren. Wer arbeite solle deutlich mehr verdienen als derjenige, der nur von staatlicher Unterstützung lebe. Dieser Meinung sind 81 Prozent der Befragten. 36 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt abgenommen habe. „Die Bewertung ist bemerkenswert, berücksichtigt man, dass sich die Beschäftigungschancen vieler durch die stabile deutsche Konjunktur verbessert haben. Mehr Menschen denn je gehen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Wir sind der Überzeugung, dass die Agenda-Reformen fair und gerecht sind. Ihnen verdanken wir unsere derzeitige Stabilität – ohne die all die soziale Leistungen gar nicht finanzierbar wären“, so Pellengahr

Beim Thema Steuern herrscht im Gegensatz zu den anderen Politikfeldern ein gemischtes Meinungsbild vor. Etwa die Hälfte der Befragten spricht sich für erhöhte Steuern auf Unternehmensgewinne, eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder eine Vermögenssteuer aus. Hier ist naturgemäß die Zustimmung umso größer, je weniger die Befragten davon selbst betroffen wären. Große Einkommensunterschiede an sich, halten nur wenige für problematisch. Nur neun Prozent der Bevölkerung halten eine Gesellschaft für gerecht, in der es keine großen Einkommensunterschiede gibt. „Die Zahlen belegen: das Meinungsbild der Bevölkerung ist ambivalent, sozialer Ausgleich und soziale Differenzierung haben gleichermaßen eine große Bedeutung für die Deutschen. Die Soziale Marktwirtschaft schafft hierfür ideale Voraussetzungen, weil sie fairen Wettbewerb mit sozialem Ausgleich verbindet“, erläutert Prof. Köcher.  

Jedoch glauben laut Umfrage nur 43 Prozent, dass die Soziale Marktwirtschaft soziale Gerechtigkeit ermöglicht. „Die Marktwirtschaft wird nicht wegen ihrer Freiheitsspielräume akzeptiert und unterstützt, sondern aufgrund der Hoffnung und Erfahrung, an den Erfolgen der Marktwirtschaft teilhaben zu können. Hier muss der Staat ansetzen. Nur eine effektive Bildungspolitik schafft die Voraussetzungen für Chancen, Teilhabe und damit für mehr Wohlstand und ein zukunftsfähiges Deutschland“, fordert Pellengahr. Die Parteien sollten die vorliegenden Ergebnisse nutzen, um zu überprüfen inwieweit ihre Wahlprogramme für mehr soziale Gerechtigkeit auch den Erwartungen der Wählerinnen und Wählern entsprechen. 

Die Position der INSM:

  1. Genug ist genug: Das Steueraufkommen hat Rekordhöhen erreicht. Für mehr Gerechtigkeit brauchen wir keine Steuererhöhung sondern eine Umschichtung der Staatsausgaben z.B. mehr Investitionen in Bildung.
  2. Bildung ist vorsorgende Sozialpolitik: Deutschland leistet sich zu viele Schulabbrecher und Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung. Mehr Gerechtigkeit entsteht durch gleiche Bildungs- und Teilhabechancen.
  3. Einstieg in Arbeit: In Deutschland gibt es so viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigte wie noch nie. Mehr Gerechtigkeit entsteht durch niedrige Einstiegshürden in den Arbeitsmarkt und Mehr Netto für alle Beschäftigten.
  4. Subventionen sind Gift: Das Subventionsvolumen beträgt mehr als 150 Milliarden Euro pro Jahr. Mehr Gerechtigkeit entsteht durch Streichung aller Subventionen und ausgeglichene Staatshaushalte.
  5. Soziale Marktwirtschaft macht’s besser: Deutschland hat dank Sozialer Marktwirtschaft Herausforderungen wie die Wiedervereinigung oder die Banken- und Finanzkrise bewältigt. Mehr Gerechtigkeit entsteht durch eine Politik die Chancen schafft und so die Teilhabe an den Erfolgen der Marktwirtschaft ermöglicht.
     

Hintergrund: Die Studie „Was ist gerecht?“ des Instituts für Demoskopie Allensbach befasst sich umfangreich mit den verschiedensten Aspekten von Gerechtigkeit aus Sicht der Bevölkerung. Sie stützt sich auf zwei Bevölkerungsumfragen mit einem repräsentativen Querschnitt der deutschen Bevölkerung ab 16 Jahre: 1.847 Face-to-Face-Interviews, durchgeführt zwischen dem 1. und 13. Dezember 2012 und 1.653 Face-to-Face-Interviews, durchgeführt zwischen dem 5. und 18. Januar 2013.
 

Pressekontakt
Florian von Hennet, Tel. 030 27877-174, hennet@insm.de