Mindestlohn
Mythensammlung

Der Mindestlohn kostet keine Arbeitsplätze - und 7 weitere Mythen

Die aktuelle Mindestlohndebatte ist geprägt von Halbwissen und Mythen. Deshalb haben wir die acht größten Mythen unter die Lupe genommen und ihnen Daten und Fakten gegenübergestellt. Das Ergebnis: Der Mindestlohn gefährdet Arbeitsplätze, erschwert den Berufseinstieg und schwächt die Nachfrage.

24. Juni 2014

 

Mythos 1
Der Mindestlohn gefährdet Arbeitsplätze

Der Mindestlohn kostet keine Arbeitsplätze

Arbeitsministerin Andrea Nahles etwa behauptet, der Mindestlohn gefährdet keine Arbeitsplätze. Dem widerspricht die ökonomische Theorie: Durch die Einführung eines Mindestlohns, egal in welcher Höhe, gehen all jene Jobs verloren, die sich nicht mehr lohnen. Und ein Job lohnt sich dann nicht, wenn wer Arbeit beauftragt, davon weniger hat, als er dem Arbeitenden zahlt. Damit steht auch fest: Je höher der Mindestlohn, desto größer der Jobverlust.

Die Empirie folgt der Theorie: Experten gehen davon aus, dass ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro 570.000 bis 900.000 Arbeitsplätze gefährdet."

 

 

Mythos 2
Beschäftigte mit Stundenlohn unter 8,50 Euro

Ausnahmen lösen das Problem des Mindestlohns

Richtig ist: Je größer die Zahl der Ausnahmen ist, desto geringer die Gefahr flächendeckender Jobverluste. Die negativen Folgen werden also durch Ausnahmen reduziert, ohne sie zu eliminieren. Das ist auch gar nicht möglich. Denn die Bürokratie kann gar nicht wissen, wo überall ein Mindestlohn schädlich wirkt. In der Politik setzen sich regelmäßig jene Interessengruppen durch, die am besten organisiert sind. Das müssen aber nicht zwingend die sein, welche der Mindestlohn am meisten negativ betreffen würde.

Hinzu kommt: Die Ausnahmen offenbaren die Absurdität des gesamten Vorhabens. Warum erst langzeitarbeitslos werden, um wieder für weniger als 8,50 Euro den Einstieg in Arbeit zu finden? Warum hat ein Praktikant im Rahmen seines Studiums die Chance auf eine Praktikum, Menschen ohne Studium aber wird eine solche Chance verwehrt? Und wie gerecht ist es, wenn ein 18-Jähriger am Tag seines Geburtstags seinen Austräger-Job an einen 17-Jährigen verliert, weil dieser für weniger als 8,50 Euro arbeiten darf?

Ausnahmen können nicht das Grundproblem des Mindestlohns lösen, dass nämlich alle jene ihren Job verlieren werden, die vom Mindestlohn betroffen sind und deren Produktivität gleichzeitig unterhalb des Mindestlohnes liegt. Nur wenn auf den Mindestlohn verzichtet wird, bleiben Einstiegs- und Beschäftigungschancen für alle erhalten.

 

 

Erforderliche Anhebungen der Bruttostundenlöhne bei der Einführung von Mindestlöhne

Der gesetzliche Mindestlohn ist gerecht

Die Bezahlung von weniger als 8,50 Euro pro Stunde sei per se unfair, sagen Mindestlohn-Befürworter. Aber kann man eine gerechte Bezahlung wirklich an einer bestimmen Höhe festmachen? Zahlt der Gastronom einer Servicekraft sieben Euro Stundenlohn, weil er für das gleiche Geld eine andere Servicekraft finden würde oder weil bei einem höheren Stundenlohn die Rentabilität des Betriebs in Gefahr wäre? Der Staat jedenfalls kennt die Motivation nicht. Er tut aber so, als würde er sie kennen, wenn er verkündet, dass ein Mindestlohn von 8,50 Euro gerecht sei.

Gerecht könnte ein solches Gesetz allenfalls sein, wenn jeder Gastronom in der Lage ist, 8,50 Euro zu zahlen. Wer das nicht kann, der verliert mit der Mindestlohneinführung möglicherweise seinen Betrieb und die Servicekraft ihren Job. Niemand wird das gerecht nennen können.

 

 

Mythos 4
Mindestlohn trifft vor allem den Osten

Ein Mindestlohn hilft vor allem den Menschen in den ostdeutschen Bundesländern

Vor der geplanten Einführung des Mindestlohns am 1. Januar 2015 werden 4,6 Millionen Deutsche weniger als 8,50 Euro verdienen und damit von der Einführung eines Mindestlohns betroffen sein. Während in Westdeutschland 14,6 Prozent aller Arbeitnehmer weniger als 8,50 Euro je Stunde verdienen, sind es in den ostdeutschen Bundesländern mit 26,5 Prozent fast doppelt so viele.

„Der Mindestlohn gefährdet deshalb vor allem Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern. Um die sogenannte Eingriffsintensität auf das westdeutsche Niveau zu senken, dürfte der Mindestlohn im Osten lediglich 7,00 Euro je Stunde betragen, rechnet das Institut der deutschen Wirtschaft Köln vor.

 

 

Mythos 5
Arbeitnehmer mit Bruttostundenlöhnen unter 8,50 Euro

Der Mindestlohn erleichtert Einstieg in Arbeit

Wer mindestens 8,50 Euro die Stunde verdient, dem fällt es leichter, eine Arbeit anzunehmen, so das Argument der Mindestlohnbefürworter. Das Problem: Den Einstieg in Arbeit suchen vor allem junge Menschen sowie Menschen aus Arbeitslosigkeit. Beide Gruppen haben häufg geringe Qualifikationen und damit eine geringe Produktivität.

Der Mindestlohn raubt Berufseinsteigern und wenig Qualifizierten die Chance auf den Einstieg in Arbeit. „Bei der Jugendarbeitslosigkeit werden die Zahlen signifikant ansteigen“, sagt etwa der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Axel Börsch-Supan, Direktor des Munich Center for the Economics of Aging (MEA).

Hinzu kommt: Ohne einen Einstieg in Arbeit kann es keinen Aufstieg geben. Häufig werden berufliche Fähigkeiten beim Arbeiten selbst erlernt („on the job“). Wer den Einstieg in Arbeit mit einem Mindestlohn verbaut, gibt den Menschen keine Chance, einen Aufstieg folgen zu lassen.

 

 

Mythos 6
Unterbeschäftigung verursacht geringes Einkommen

Der Mindestlohn hilft gegen Armut

Die Debatte um die Einführung des Mindestlohns wird in Deutschland als Armutsdebatte geführt. Mit einem Mindestlohn könne man dem Problem der “working poor” begegnen, so die Mindestlohnbefürworter. Richtig ist: Ein Mindestlohn hilft nicht gegen Armut. Denn schon heute gilt: Wer durch seine Arbeit nicht genügend Lohn erhält, um damit das Existenzminimum zu erreichen, fällt nicht in Armut, denn jede Person kann ihr Einkommen erforderlichenfalls durch Sozialtransfers aufstocken lassen. Stattdessen erhöht ein Mindestlohn die Arbeitskosten der Unternehmen und gefährdet damit Arbeitsplätze.

Viele, die in Folge einer Mindestlohneinführung ihren Job verlieren oder denen der Einstieg in Arbeit verbaut wird, werden auf Sozialtransfers angewiesen sein.

Zielführend wäre Hinzuverdienstregeln für Transferempfänger so zu überarbeiten, dass die Anreize steigen, eine nachhaltige Beschäftigung aufzunehmen.

 

 

Mythos 7
Verbraucherpreise für Dienstleistungen

Lohnsteigerungen infolge des Mindestlohns werden ausschließlich von Arbeitgebern bezahlt

Nach Schätzungen des Sachverständigenrates werden die Lohnsteigerungen nur etwa zur Hälfte durch niedrigere Gewinne von Unternehmenseigentümern finanziert werden. Die andere Hälfte wird in Form steigender Preise von den Konsumenten bezahlt werden.

Hinzu kommt: Je länger Menschen wegen des Mindestlohns arbeitslos sind, desto höher sind die Kosten für Steuerzahler und Sozialversicherte.

Die Erfahrung bei der Einführung des Mindestlohns in anderen Ländern lehrt zudem: Werden die negativen Auswirkungen des Mindestlohns spürbar – zum Beispiel in Form des Anstiegs der Jugendarbeitslosigkeit ¬–, wird der Ruf nach Subventionen laut. Subventionen, die in erster Linie zu den Unternehmen fließen werden. In Frankreich etwa unterstützt der Staat den Mindestlohn mittlerweile in Höhe von rund zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts.

 

 

Mythos 8
Erst wächst die Wirtschaft, dann die Löhne

Der Mindestlohn erhöht die Nachfrage und belebt somit die Konjunktur

Wer mehr verdient, der kann auch mehr ausgeben. Die Einführung eines Mindestlohns steigert die Nachfrage und kurbelt so die Wirtschaft an, so ein Argument der Mindestlohnbefürworter. Dabei werden regelmäßig zwei gegenläufige Effekte vergessen. Erstens erhöht der Mindestlohn die Arbeitskosten, was sich auf die Produktpreise negativ niederschlägt, was wiederum die reale Nachfrage senkt. Zweitens senkt auch der negative Beschäftigungseffekt eines Mindestlohns die Nachfrage.

„Für Kaufkraft-Effekte eines Mindestlohns gibt es keine guten Belege“, sagt der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), Joachim Möller.