Soziale Marktwirtschaft
Freihandelsabkommen

12 Mythen zu TTIP

TTIP gefährdet Arbeitsplätze in Deutschland. TTIP senkt Standards im Verbraucher- und Umweltschutz. Von TTIP profitiert nur die Wirtschaft. - Die Mythen über TTIP, dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, sind vielfältig. Wir haben die gängigsten zusammen getragen.

8. Oktober 2015

Faltplakat bestellen Faltplakat downloaden12 Mythen zu TTIP im Faktencheck

 

Richtig ist:

Werden abweichende Produkt- und Produktionsstandards in der EU und den USA umfassend angeglichen, könnten kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sogar stärker als große Unternehmen von TTIP profitieren. Gelingt das nicht, haben in der Tat vor allem Großunternehmen Vorteile. KMU würden in besonderem Maße vom Absenken solcher Handelsbarrieren profitieren, weil sie sich im Gegensatz zu Großunternehmen den bürokratischen Aufwand und die administrativen Kosten durch unterschiedliche Regulierungen und Standards häufig nicht leisten können.

Vom ifo Institut befragte Experten schätzen, dass eine vollkommene Angleichung der Standards und Regulierungen für KMU einen Marktanteilszuwachs von 42 Prozent bringen könnte, Großunternehmen profitieren mit 18 Prozent dagegen nicht einmal halb so viel.

Richtig ist:

Mit TTIP haben die Verhandlungspartner die Chance, internationale Schiedsgerichte noch besser für den Zweck auszugestalten, für den sie eingeführt wurden: Sie garantieren die Einhaltung von Investitionsschutzverträgen im Zielland.

Die Schiedsgerichte schaffen damit das für Auslandsinvestitionen nötige Vertrauen. Allenfalls geht es also um die Entschädigung ausländischer Investoren, nicht aber darum, in die nationale Gesetzgebung einzugreifen. Die bisher schon vor Schiedsgerichten verhandelten Fälle belegen, dass Schiedsgerichte nicht grundsätzlich investorenfreundlich sind: Von 54 bis Ende 2013 abgeschlossenen Verfahren, die sich gegen EU-Länder richteten, entschieden die Schiedsgerichte in nur 24 Prozent der Fälle für die Investoren.

Über die Hälfte ging zugunsten der Staaten aus, 26 Prozent endeten im Vergleich. In den TTIP-Verhandlungen muss es jetzt darum gehen, die Schiedsgerichtsverfahren durch eindeutige Regeln transparenter zu gestalten und mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

Richtig ist:

Solange gesichert ist, dass die Parlamentarier aller von TTIP betroffenen Länder die Verhandlungen konstruktiv begleiten können, ist auch die Macht der Parlamente gewahrt. Das EU-Parlament muss sein Ja zum gesamten Abkommen geben. Und die nationalen Parlamente entscheiden mindestens über jene Bestimmungen, die die nationalen Kompetenzen berühren. Wenn also auch nur eines der europäischen Parlamente ein Problem im Wortlaut der transatlantischen Investitionspartnerschaft sieht, kann das Abkommen nicht in Kraft treten.

Damit TTIP zustimmungsfähig ist, müssen die Parlamentarier allerdings gut informiert sein. Genau darauf zielen die zahlreichen Anhörungen, Stakeholder-Veranstaltungen sowie die Transparenzinitiative der Handelskommissarin Cecilia Malmström ab. Auch nach den Verhandlungen wird TTIP die Kompetenz von Regierungen und Parlamenten, im Interesse des Allgemeinwohls zu regulieren oder Gesetze zu erlassen, nicht beschneiden.

Richtig ist:

Zwar hat Deutschland teils höhere Lohnkosten als die USA, der Abbau von Handelsbarrieren steigert aber den Wettbewerb. Das regt Unternehmen zu mehr Innovationen und Effizienz an und schafft so die Voraussetzungen für höheres Wachstum und Einkommen. Deutschland wird zudem international noch wettbewerbsfähiger und stärkt seinen Erfolg als Exportnation. Schließlich werden Vorleistungen aus den USA durch den Abbau der Barrieren günstiger, und Deutschland kann die Chancen des wachstumsstarken, innovativen, jungen und großen US-Marktes besser nutzen.

Insgesamt können so mittelfristig neue Arbeitsplätze entstehen. Davon gehen auch verschiedene Prognosen zu TTIP aus. Die Effekte sind umso günstiger, je umfassender die Handelsbarrieren durch das Abkommen gesenkt werden. So zeigen die Prognosen des ifo Instituts selbst unter pessimistischen Annahmen einen Zuwachs von Arbeitsplätzen in Deutschland und der EU.

Richtig ist:

Das EU-Verhandlungsmandat legt eindeutig fest, dass das Schutzniveau für Arbeitnehmer durch das Abkommen nicht gesenkt werden darf. Überdies müssen Unternehmen, die im jeweils anderen Wirtschaftsraum investieren oder Niederlassungen gründen, sich an die dortigen Gesetze halten. Damit können US-amerikanische Arbeitsregelungen und -bedingungen nicht in Europa eingeführt werden.

Richtig ist:

Die Angleichung bestimmter Produkt- und Herstellungsstandards darf das Niveau des Umwelt- und Verbraucherschutzes nicht senken. Darüber sind sich die Verhandlungspartner einig. Auch die deutsche Wirtschaft hat kein Interesse an einer Aufweichung. Schließlich ist „made in Germany“ ein weltweit anerkanntes Qualitätssiegel. Da das Vertrauen in die jeweils fremden Standards in beiden Bevölkerungen nur schwach ist, scheint eine Absenkung auch nicht durchsetzbar.

Verbraucherstandards in den USA sind im Übrigen nicht grundsätzlich niedriger. Bei der Biofleisch-Produktion sind Antibiotika in den USA untersagt, nicht so in der EU. Andererseits sind Tierversuche für Kosmetika nur in der EU verboten. Die Amerikaner könnten über TTIP von Europas alternativen Testmethoden profitieren und Tierversuche verbieten.

Richtig ist:

Die Verhandlungsführer verhandeln unter der Vorgabe, dass die Gesundheitsstandards beibehalten werden. Die Mehrheit des EUParlaments, das TTIP verabschieden muss, lehnt eine Lockerung von Importrestriktionen generell ab, die mit Gesundheitsschutz und Lebensmittelsicherheit begründet werden. Auch die nationalen Gesundheitssysteme sollen von TTIP unberührt bleiben.

So weist die EU-Kommission darauf hin, dass alle EU-Handelsabkommen explizite Garantien für öffentliche Angebote wie Krankenhäuser enthalten. Keines dieser Abkommen hat bislang Gesundheitsstandards gesenkt. Jüngstes Beispiel dafür ist das Freihandelsabkommen mit Kanada: Demnach darf Kanada kein mit Wachstumshormonen behandeltes Rindfleisch in die EU exportieren.

Richtig ist:

Auch mit TTIP werden die Regierungen aller EU-Länder über Art und Umfang des Angebots öffentlicher Dienstleistungen wie Krankenhäuser und Schulen frei entscheiden können. Seit dem „Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen“ (GATS), einem multilateralen Handelsabkommen der WTO von 1995, sind Dienstleistungen in „Ausübung hoheitlicher Gewalt“ nicht Teil des Freihandels.

Die hohen Standards für öffentliche Dienstleistungen wie Wasser, Gesundheit oder Bildung sind vom TTIP-Verhandlungsmandat der EU-Kommission ausgenommen und stehen damit nicht zur Disposition.

Richtig ist:

Durch eine verstärkte internationale Zusammenarbeit wird eine neue Finanzkrise unwahrscheinlicher. So will die Europäische Kommission durch TTIP einen regulatorischen Rahmen für die Zusammenarbeit mit den USA im Finanzdienstleistungsbereich schaffen. Das ist wichtig, denn die Finanzmarktregulierung kann nur dann Krisen verhindern, wenn auf internationaler Ebene miteinander, nicht gegeneinander gearbeitet wird.

In einem Regulierungsrat, indem sich Experten beider Seiten über den besten Regulierungsansatz austauschen, ginge es um die Koordination bestehender und neuer Regeln für die Finanzmärkte. Das letzte Wort bei wichtigen Weichenstellungen behielten die Parlamente.

Richtig ist:

Die EU-Landwirte würden vom Wegfall der teils extrem hohen US-Zölle auf europäische Agrarprodukte profitieren. Bislang können sie sie häufig nicht zu konkurrenzfähigen Preisen auf dem US-Markt anbieten.

Die Zollabsenkung durch TTIP ermöglicht vielen Landwirten der EU so überhaupt erst den Export. Für Früchte, Gemüse und Pflanzen beträgt der höchste Zollsatz der USA beispielsweise 132 Prozent, für Getränke und Tabak sogar 350 Prozent. Auch die hohe Nachfrage der US-Konsumenten nach Bioprodukten wird die EU-Landwirtschaft besser bedienen können.

Insgesamt, so prognostiziert das ifo Institut, könnte ein Freihandelsabkommen, das alle Zölle abbaut und weitere Handelsbarrieren um 25 Prozent senkt, die Exporte der EU-Landwirte in die USA um 60 Prozent steigern.

Richtig ist:

Auch die Verbraucher gewinnen. Je umfassender das Abkommen Handelsbarrieren beseitigt, umso größer können Produktauswahl und Preissenkungen ausfallen. Zum einen würde TTIP die Einfuhrzölle abschaffen, die viele Exporteure bislang in die Preise einrechnen. Zum anderen steigt der Wettbewerb, wenn mehr Unternehmen ihre Produkte exportieren können.

Die Preise sinken wiederum, und das Angebot wird vielfältiger. Umso mehr, wenn es gelingt, die unterschiedlichen Produktzulassungsvorschriften und Regulierungen anzugleichen, wo dies unter Wahrung der Verbraucher- und Umweltstandards möglich ist.

Richtig ist:

Noch nie ist ein Abkommen so offen und auf so breiter Informationsgrundlage diskutiert worden wie TTIP. Allerdings war die Offenheit nicht von vornherein so groß – erst die Transparenzoffensive von EU-Kommissarin Cecilia Malmström hat hier entscheidende Fortschritte gebracht.

Inzwischen informiert die EU-Kommission auf vielen Kanälen: Den Verhandlungsfortschritt vor und nach jeder Runde gibt sie den Mitgliedstaaten sowie dem Handelsausschuss des EU-Parlaments bekannt. In einem Stakeholder-Forum haben Vertreter von NGOs, Verbänden, Forschungszentren und anderen Institutionen während der Verhandlungen die Möglichkeit, ihre Anliegen, Erwartungen und Positionen zu präsentieren.

Darüber hinaus hat die EU-Kommission zahlreiche öffentliche Anhörungen organisiert und publiziert ihre Verhandlungspapiere recht umfassend online auf ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/