Was ist Soziale Marktwirtschaft?
Prinzip: Haftung

"Haftung setzt die richtigen Anreize"

"Für Unternehmen muss dasselbe gelten wie für jeden Menschen auch: Sie müssen für die Folgen ihres Tuns Verantwortung übernehmen", sagt Professorin Dr. Beate Jochimsen. - Warum es ohne Haftung keine funktionierende Marktwirtschaft geben kann

4. August 2015

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Beate Jochimsen ist Professorin für allgemeine Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft, an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Außerdem ist Sie als Forschungsdirektorin für Föderalismusanalyse am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) tätig.

 

Wer haften muss, handelt verantwortlich

Wer etwas anstellt, muss es auch ausbaden – seit Urzeiten ist dies eine Grundregel unserer Gesellschaft. Rechtlich spricht man hier von Haftung. Und was in der Gesellschaft gilt, gilt auch in der Wirtschaft: Der Wirtschaftswissenschaftler Walter Eucken definierte Haftung in seinen „Grundsätzen der Wirtschaftspolitik“ folgendermaßen: „Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen.“ Heißt: Wer ein Risiko eingeht und im Falle eines Erfolgs profitiert, muss auch bereit sein, die Verantwortung für einen Misserfolg zu übernehmen.

Für Fehler geradestehen

Das Prinzip der Haftung ist eine der wichtigsten Bedingungen für eine funktionierende Marktwirtschaft. Denn wenn ein Unternehmen Fehler macht, muss es auch die Konsequenzen dafür tragen. Im schlimmsten Fall heißt das, Insolvenz anzumelden und den Markt zu verlassen. Nur so kann gewährleistet werden, dass Wettbewerb den Markt reguliert.

Eine Planwirtschaft funktioniert anders: Im Falle der Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens oder einer Bank haftet der Staat und somit die Bürger für die entstandenen Verluste. Die Selektion, die die Wirtschaft von ineffizienten Produzenten befreit, fehlt. Im Vergleich mit der Marktwirtschaft heißt das: Nur wo die Unternehmen selbst haften, kann der Markt das Angebot regulieren.

Verantwortung beugt reinem Machtstreben vor

Doch wer haftet eigentlich für die Fehler eines Unternehmens? Der Geschäftsführer? Der Mitarbeiter, der für den Fehler verantwortlich ist? Die Anteilseigner? In einer Aktiengesellschaft sind es am Ende die Aktienbesitzer, die mit dem Kapital, das sie dem Unternehmen über ihre Aktien zu Verfügung gestellt haben, gerade stehen müssen. Ist das Unternehmen in Privatbesitz, ist es der Eigentümer. Mitarbeiter und Geschäftsführer, die selbst keinen Besitzanteil am Unternehmen haben, verlieren höchstens ihren Arbeitsplatz, mit ihrem Privatvermögen haften sie normalerweise nicht.

Dadurch entsteht die Gefahr, dass letztere leichtfertig handeln. Denn wer in vollem Umfang verantwortlich für eine Investition oder einen andere Handlung ist, wird diese sehr viel genauer überdenken, als wenn er keine Konsequenzen zu befürchten hat. Daher hat Haftung in einer Wettbewerbsordnung auch die Funktion, Übernahmen von Firmen aus reinem Machtstreben zu verhindern.

Staatlicher Schutzschirm ist riskant

Während der Bankenkrise ist immer öfter der Staat als Retter eingesprungen und hat vor allem Banken vor dem Konkurs bewahrt. Die Schulden wurden vergesellschaftet und damit auf die Steuerzahler abgewälzt. So sollten größere Zusammenbrüche in der Finanzwelt verhindert werden, die – so die Argumentation – im Zweifel für die Wirtschaft sehr viel verheerender gewesen wären als der Eingriff in den Markt. Doch auch hier besteht die Gefahr, dass die Banken nun leichtsinniger und risikobereiter werden, weil sie davon ausgehen, im Ernstfall gerettet zu werden.

Eucken sieht staatlich Eingriffe und Haftungsbeschränkungen grundsätzlich kritisch. Er zieht am Ende seiner Ausführungen das Fazit: „Jede Beschränkung der Haftung löst eine Tendenz zur Zentralverwaltungswirtschaft aus.“ Haftung sei nicht nur eine Voraussetzung für die Wirtschaftsordnung des Wettbewerbes, sondern überhaupt für eine Gesellschaftsordnung, in der Freiheit und Selbstverantwortung herrschten. 

Die Soziale Marktwirtschaft ist ein gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Leitbild, das dem Ziel folgt - so einer der Gründer Alfred Müller-Armack - „auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die wirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden“. Die Soziale Marktwirtschaft basiert auf den Prinzipien "Freiheit", "Wettbewerb", "Eigentum", "Haftung", "Solidarität" und "Stabiles Geld". Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) macht sich für die Einhaltung dieser Prinzipien stark.

Serie "Ökonomie in 90 Sekunden"

 Wer sind berühmte ökonomische Denker? Was haben, was hatten sie zu sagen? Was sind ihre zentralen Erkenntnisse? Inwiefern prägen sie unser Leben und Denken? - "Ökonomie in 90 Sekunden" heißt eine Video-Serie, in der solche Persönlichkeiten vorgestellt werden. Gezeichnet und produziert wird "Ökonomie in 90 Sekunden" vom Moga Mobo Studio aus Berlin. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Wirtschaftswissenschaftler Ulrich van Suntum. 

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