Kreditklemme - Das INSM Themenspecial

Bad Bank Modell muss überarbeitet werden

Vertrauen entsteht nicht durch Zureden, es muss wachsen. Das setzt voraus, dass alle Beteiligten einen fairen Diskurs pflegen. Die Konjunktur arbeitet sich langsam aus dem tiefen Tal heraus, doch der Weg bleibt lang und mühsam. Die Wirtschaftspolitik muss jetzt vor allem darauf abzielen, die finanzielle Lage der Unternehmen zu stabilisieren. Dabei hilft die Verringerung substanzbesteuernder Regeln in der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer.

27. Januar 2010

Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

Allerdings wäre hier mehr möglich und sinnvoll gewesen, was zugleich die Ernsthaftigkeit des Politikbemühens unterstrichen hätte. Doch nun sind alle Augen auf die Kreditversorgung der Wirtschaft im Erholungsprozess gerichtet.

Dabei ist die viel reklamierte Kreditklemme ein unhandliches Sujet, das einem leicht zu entgleiten droht. Denn unüberhörbar sind die Klagen von Unternehmen und Verbänden über das Verhalten der Banken, die sich rüde und anmaßend verhielten, wenn es um die Verlängerung von Finanzierungen gehe, und die erst recht überdrehten, wenn neue Projekte und Anlagen finanziert werden sollen. Dies alles aber bleibt anekdotisch und steht in einem nicht leicht zu deutenden Spannungsverhältnis zu jenen Daten, die gesamtwirtschaftlich den Befund beschreiben.

Die von der Bundesbank in regelmäßigem Abstand erhobene Veränderung der Kreditrichtlinien deutscher Banken zeigt zwar seit dem Ausbruch der Krise eine deutliche Verschärfung, die freilich nicht über jene Niveaus hinausgeht, die in gewöhnlichen rezessiven Phasen zu beobachten waren. Die jüngsten Erhebungen für Juli und Oktober 2009 lassen eine deutlich nachlassende Verschärfung der Kreditkonditionen erkennen. Bislang bestimmt die krisenbedingt stark gesunkene Nachfrage nach neuen Finanzierungen die Entwicklung des Kreditvolumens.

Auch die Befragungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages bei den kreditnachfragenden Unternehmen erbringen zwar einen zur Besorgnis mahnenden, jedoch nicht dramatischen Befund. Zwar ist seit Anfang 2008 der Anteil der Unternehmen, die erschwerte Kreditbedingungen melden, um zehn Prozentpunkte auf 26 Prozent angestiegen. Doch auch dieser Wert ist nicht untypisch für Rezessionen. Überdies geben die Banken an, dass der Zugang zu großvolumigen Finanzierungen in allen Marktsegmenten im dritten Quartal weniger eingeschränkt war.

Indes: Diese Momentaufnahme erfasst das Gefährdungspotenzial der kommenden Monate nicht angemessen. Die Bundesbank hat dafür im Finanzstabilitätsbericht vom November die erwartbaren Verluste deutscher Banken im Kreditgeschäft für 2009 und 2010 näherungsweise bestimmt. Die Ergebnisse sind bei aller Unscharfe im Rahmen der Erfahrungsbandbreiten, sie sind also durchaus nicht entmutigend. Dennoch ist es angesichts der labilen, gefährdeten Konjunkturerholung sinnvoll, gezielt die Stärkung der Unternehmensfinanzierung anzugehen.

Dies allerdings ist leichter gesagt als getan. Der Vorschlag, die Banken staatlicherseits zwangsweise zu kapitalisieren, ergibt angesichts der erreichten Einbindung des Staates in die notleidenden Banken keinen Sinn. Notwendig und möglich ist es hingegen, das Bad-Bank-Gesetz so zu überarbeiten, dass es definitiv zu einer Verbesserung der Bilanzstruktur kommt. Fraglich ist, ob die Regierung den Mut hat, diese Korrektur anzugehen. Darüber hinausgehend wird gefordert, dass der Staat durch eine anteilige Garantie von Verbriefungen diesen Markt wieder belebt und dadurch den Banken indirekt mehr Raum für Unternehmenskredite verschafft.

Dies ist ordnungspolitisch keine leichte Kost. Zwingend sind in jedem Fall eine angemessene Beteiligung des Finanzsektors und eine klare Qualitätsorientierung. Das entkräftet das Argument, es würde erneut Leichtsinn befördert. Alle Maßnahmen der Finanzmarktstabilisierung dienen dem Ziel, verloren gegangenes Vertrauen neu zu begründen. Die befristete Förderung eines Sekundärmarktes – wie bei Verbriefungen – kann vertrauensbildend wirken und sollte erwogen werden. Das ist allemal effektiver, als punktuell Kredite aufzukaufen oder zu verbürgen. Es muss darum gehen, die Finanzinstitute in die Verantwortung für die künftige Entwicklung zu nehmen, ohne sie durch schwelende Altlasten zu gefährlichen Hasardeuren zu machen.

Vertrauen entsteht nicht durch Zureden, es muss wachsen. Das setzt voraus, dass alle Beteiligten, vor allem Politiker und Banker, im öffentlichen Raum einen fairen Diskurs pflegen, die gebotene Demut vor der eigenen Verantwortung haben und dem jeweils anderen den guten Willen nicht mit kesser Lippe absprechen. In einem solchen Klima kann die Kreditmediation erfolgreich wirken. Die jüngste Initiative der Banken, eigenständig Fonds gegen die Kreditklemme zu etablieren, ist begrüßenswert und muss nun auch Wirkung entfalten. Hilfreich wäre es zudem, wenn die Politik mehr Konsistenz zeigte, wenn es um die Risikostrategien der Banken geht. 

Der Autor

 Prof. Dr. Michael Hüther ist Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln. Der Wirtschaftswissenschaftler war von 1991 bis 1995 Mitglied im Arbeitskreis Steuerschätzungen beim Bundesminister der Finanzen und danach bis 1999 Generalsekretär des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Bis 2004 war Prof. Dr. Hüther Chefvolkswirt der DekaBank in Frankfurt am Main. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zur Wirtschafts- und Finanzpolitik.