60 Jahre Soziale Marktwirtschaft
60 Jahre Soziale Marktwirtschaft

Stimmen von Zeitzeugen

Die befragten Zeitzeugen heben aus ihrer Erfahrung die Soziale Marktwirtschaft als eine Wertordnung heraus, die nur dauerhaft erhalten werden kann, wenn sie kontinuierlich den aktuellen Bedingungen angepasst wird.

4. September 2009

Walter Scheel Walter Scheel, Bundespräsident a.D.

Walter Scheel

"Ludwig Erhard war der erste bedeutende Politiker für mich, den ich habe öffentlich reden hören. Ich erinnere mich, wie ich als junger Mann mit der Bahn von Solingen nach Remscheid fuhr und nachhaltig von seiner Wahlrede beeindruckt war. Sowohl von der Person als auch von den Inhalten war ich nicht nur beeindruckt, sondern inhaltlich überzeugt. Und ich bin heute - 60 Jahre später - weiterhin von den damals entwickelten Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft überzeugt." 

Prof. Dr. Hans Tietmeyer Prof. Dr. Hans Tietmeyer, Bundesbankpräsident a. D., Staatssekretär a. D., Vorsitzender des Kuratoriums der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)

Prof. Dr. Hans Tietmeyer

Die Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft werden in Zukunft gewiss nicht kleiner. Der weltweite Wettbewerb wird sich weiter verschärfen. Die Konjunktur wird schwieriger und der Inflationsdruck stärker. Damit steigt auch der Druck, die strukturellen Probleme in Deutschland weiter und nachhaltig zu korrigieren. Vor diesem Hintergrund ist eine Rückbesinnung auf die Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft umso wichtiger, gerade auch am 60. Jahrestag ihres Beginns. Gewiss, die Bedingungen sind heute anders als 1948 und werden sich weiter verändern. Aber Ludwig Erhards Erbe ist ein bleibender Auftrag für die Zukunft. 

Prof. Dr. Kurt Biedenkopf Prof. Dr. Kurt Biedenkopf, CDU-Ministerpräsident a.D. des Freistaates Sachsen

Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

"Was mir zu 60 Jahre Soziale Marktwirtschaft als Erstes einfällt, ist die Entscheidung Ludwig Erhards, im Sommer 1948 die Bewirtschaftung aufzuheben. Es war für die Bevölkerung damals fast ein Schock, dass eine lange Zeit der Bewirtschaftung zu Ende gehen sollte. Diese Entscheidung wurde auch sehr bekämpft bis deutlich wurde, wie richtig sie war. Die Marktwirtschaft war stärker als jede planwirtschaftliche Verteilung, Produkte waren wieder da, die man nicht mehr hatte kaufen können und damit nahm eine Erfolgsgeschichte ihren Anfang. Das Zweite, was mir zu Ludwig Erhard einfällt, ist seine erfolgreiche Bemühung, zusammen mit anderen die Marktwirtschaft mit einer Wertordnung zu verbinden. Diese Wertordnung kommt auch in dem Begriff Soziale Marktwirtschaft zum Ausdruck. Es war kein ungebundener Liberalismus, sondern es war eine wertgebundene Marktwirtschaft. Deshalb ist die Einführung der Marktwirtschaft nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine kulturelle und eine große politische Leistung für die Ludwig Erhard steht. Das Dritte, was ich zu ihm sagen möchte, ist, dass Ludwig Erhard bereits Mitte bis Ende der 50er Jahre gemerkt hat, dass die enorme Dynamik der Sozialen Marktwirtschaft außer Kontrolle gerät. Deshalb hat er schon damals die Bevölkerung aufgefordert sich zu begrenzen, das heißt Maß zu halten. Diese Maß haltenden Appelle wurden verlacht. Man hat nicht verstanden, dass die Zeit des Aufbaus und des Aufschwungs eine Ausnahmesituation ist und dass man diese Ausnahmesituation nicht perpetuieren könnte, das heißt zur normalen Situation erklären könnte. Man kann sagen, dass wir heute 60 Jahre später nach diesem Start uns mit einer ganzen Reihe der Folgen herumschlagen, die unter anderem darauf zurückzuführen sind, dass wir damals nicht Maß gehalten haben." 

Prof. Dr. Roman Herzog Prof. Dr. Roman Herzog, Bundespräsident a.D.

Prof. Dr. Roman Herzog

"In der dynamisierten Welt unserer Zeit gibt es keine Planungssicherheiten mehr. Hier hilft nur noch das Prinzip von Versuch und Irrtum, und dieses funktioniert umso besser, je mehr Wissenschaftler und Erfinder, je mehr selbständige Unternehmer sich am Aufspüren und Lösen neuer Probleme und Chancen beteiligen. Sie müssen nur frei, gegenseitig unabhängig und hartnäckig sein, und je mehr es von ihnen gibt, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs. Das ist der innerste Sinn der Marktwirtschaft."