Soziale Marktwirtschaft
11 Fakten zum Mauerfall

Die Einheit wirkt

Vor knapp 30 Jahren öffnete sich die innerdeutsche Grenze. Unsere Faktensammlung zeigt Entwicklungen, Erfolge und bestehende Herausforderungen der Wiedervereinigung aus heutiger Sicht. Die Ergebnisse zeigen: Die Einheit wirkt!

21. August 2019

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Fakt 1: Bürger sind größtenteils zufrieden.

Fakt 2: Ost und West haben ähnliche Kaufkraft.

Fakt 3: Die Lebenserwartung steigt.

Fakt 4: Arbeitsproduktivität im Osten hat sich verdreifacht.

Fakt 5: Frauenerwerbsquote ist im Osten höher.

Fakt 6: Arbeitsmarkt hat sich belebt.

Fakt 7: Mehr Menschen ziehen wieder nach Ostdeutschland.

Fakt 8: Größere Städte trotzen dem demografischen Wandel.

Fakt 9: Berlin ist eine Gründungshochburg.

Fakt 10: Neue Verkehrsinfrastruktur ist attraktiv.

Fakt 11: Naturschutz wird auch im Osten großgeschrieben.

 

Am 9. November 1989 hielt das SED-Regime dem Druck der eigenen Bevölkerung nicht mehr stand und öffnete die innerdeutsche Grenze. Die Mauer war gefallen und die ersten freien Wahlen fanden statt. Nach über vier Jahrzehnten endete in Europa die Nachkriegszeit.

Im Vertrag der „Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion“ zwischen der DDR und der Bundesrepublik wurde 1990 die Soziale Marktwirtschaft als gemeinsame Wirtschaftsordnung des wiedervereinten Deutschlands gesetzlich festgeschrieben.

Das konnte zwar den Zusammenbruch weiter Teile der nicht wettbewerbsfähigen ostdeutschen Wirtschaft nicht verhindern, schaffte aber die Grundlage für den späteren Aufschwung. Dennoch: Gesellschaftlich und ökonomisch ist auch 30 Jahre später noch einiges zu tun. Die vorliegende Faktensammlung zeigt bestehende Herausforderungen, aber auch große Erfolge.

Bürger sind größtenteils zufrieden.

Trotz aller Kritik sehen die Deutschen ihr Land drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall offenbar auf einem guten Weg: In einer Civey-Umfrage sahen Mitte 2019 rund zwei Drittel der Befragten vor allem Vorteile für Deutschland durch die Wiedervereinigung. Besonders klar ist dabei die Bilanz aus Sicht der Ostdeutschen: Für 73 Prozent überwiegen die Vorteile, während 23 Prozent vorrangig die Nachteile der Wiedervereinigung sehen.

Nimmt man die Stimmung in der Bevölkerung zum Maßstab, ist die Einheit Deutschlands aber noch nicht ganz geschafft. Das ZDF Politbarometer aus dem Juni 2019 ergab, dass eine Mehrheit zwischen West und Ost mehr Trennendes als Gemeinsames sieht.

Quelle: Civey-Umfrage April-Juli 2019

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Ost und West haben ähnliche Kaufkraft.

Als die Mauer fiel, hofften die Menschen in Ostdeutschland nicht nur auf dieselbe Freiheit, sondern auch auf denselben Wohlstand wie ihre Mitbürger im Westen. Diese Hoffnungen haben sich weitgehend erfüllt. Zwar bekommen Beschäftigte in den neuen Ländern niedrigere Bruttostundenlöhne, wegen der progressiven Einkommensteuer und der immer noch etwas geringeren Preise liegt das verfügbare, kaufkraftbereinigte Einkommen in Ost und West aber recht nah beieinander.

Deutlicher als der West-Ost-Unterschied in Sachen Kaufkraft ist jener zwischen Land und Stadt – vor allem deshalb, weil das Preisniveau in den städtischen Ballungsräumen höher ist. In fast allen Großstädten liegt das Kaufkraftniveau daher unter dem Bundesdurchschnitt.

Quelle: Forschungsdatenzentrum (Mikrozensus 2016)/IW, 2019

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Die Lebenserwartung steigt.

Weibliche Säuglinge, die heute in den neuen Bundesländern geboren werden, dürfen auf ein genauso langes Leben hoffen wie jene in den alten Bundesländern. Beim männlichen Nachwuchs hat sich der West-Ost-Unterschied in Sachen Lebenserwartung auf weniger als 1,4 Jahre reduziert. Direkt nach der Wiedervereinigung lag der West-Ost-Unterschied bei 2,3 Jahren (weiblich) beziehungsweise bei rund 3,3 Jahren (männlich).

Ursachen für die gestiegene Lebenserwartung sind verringerte Umweltbelastungen und insbesondere die verbesserte Gesundheitsversorgung: Im Durchschnitt kamen 2017 in den neuen Bundesländern auf je 100.000 Einwohner gut 431 praktizierende Ärztinnen und Ärzte. Das waren nicht nur 170 mehr als im Jahr 1991, sondern auch knapp sieben mehr als in Westdeutschland.

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2018

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Arbeitsproduktivität im Osten hat sich verdreifacht.

Der Umbruch vom Sozialismus zur Marktwirtschaft war und ist für das wiedervereinigte Deutschland eine Mammutaufgabe. Inzwischen ist die Wirtschaftsleistung je Erwerbstätigen im Osten bis auf 83 Prozent des Westniveaus gestiegen – seit 1991 hat sie sich auf nunmehr 64.754 Euro mehr als verdreifacht. Wahr ist allerdings auch: In den vergangenen Jahren kam der Aufholprozess in Sachen Produktivität kaum noch voran. Zu den Ursachen zählen Ökonomen die kleinteiligere Wirtschaftsstruktur, unterschiedliche Branchenstrukturen, die geringe Exporttätigkeit, weniger Forschung und Entwicklung sowie fehlende Konzernzentralen.

Am Engagement der Beschäftigten liegt es jedenfalls nicht: Im Schnitt arbeiten Beschäftigte in Ostdeutschland länger als in Westdeutschland. Das ist ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für ostdeutsche Standorte.

Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, 2019

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Frauenerwerbsquote ist im Osten höher.

Die ostdeutschen Frauen sind häufiger erwerbstätig, arbeiten mehr Stunden pro Woche und nehmen kürzere Elternzeiten, weil es mehr Kinderbetreuungsangebote gibt. Zwar verdienen Frauen in den neuen Bundesländern brutto im Durchschnitt pro Monat 62 Euro weniger als Frauen in den alten Bundesländern, aber wenn der Ruhestand beginnt, haben die Ostdeutschen die Nase vorn, zumindest was die Regelaltersrenten angeht. Diese sind bei den Frauen im Osten sogar fast doppelt so hoch wie im Westen. Dabei ist die durchschnittlich gezahlte Rente nur ein Teil des verfügbaren Haushaltseinkommens im Alter. Hinzu kommen private und betriebliche Altersvorsorge sowie für jeden zweiten Ü-50-Haushalt eine eigene Wohnimmobilie.

Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund, 2018

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Arbeitsmarkt hat sich belebt.

Eine gute Nachricht: Nach Jahren der Massenarbeitslosigkeit hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt in Ostdeutschland seit 2005 stetig verbessert. Der Abstand zwischen der Arbeitslosenquote im Osten und jener im Westen betrug 2018 noch gut 2 Prozentpunkte, auch 2019 setzt sich die Angleichung fort. In vielen ostdeutschen Regionen sind Fachkräfte inzwischen sogar knapp.

Auch ein Blick auf den Trend der Erwerbstätigkeit lohnt. Vom Zeitpunkt des Beschäftigungstiefpunkts im Jahr 2005 ist in den ostdeutschen Bundesländern die Zahl der Erwerbstätigen am Wohnort bis 2017 um 8,3 Prozent gestiegen. Rechnet man Berlin mit seinem Plus von gut 24 Prozent heraus, bleibt für die Flächenstaaten im Osten ein Zuwachs der Erwerbstätigenzahl um 4,5 Prozent übrig.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2019

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Mehr Menschen ziehen wieder nach Ostdeutschland.

Vor allem in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung veranlasste der schwierige wirtschaftliche Neuanfang viele Ostdeutsche, sich Arbeit im Westen zu suchen. Doch dieser Trend hat sich inzwischen gedreht. Schaut man auf die Wanderungen innerhalb der Bundesrepublik, zogen 2017 unterm Strich mehr als 14.000 Menschen von West- nach Ostdeutschland.

Zum Teil ersetzt Pendeln zur Arbeit in benachbarte Bundesländer den Umzug. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die zur Arbeit von Ost nach West pendeln, lag im Jahr 2018 bei 6,6 Prozent, umgekehrt waren es nur 0,7 Prozent.

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2019

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Größere Städte trotzen dem demografischen Wandel.

Nach der Wiedervereinigung haben vor allem junge Menschen den Osten verlassen, die jetzt als Eltern fehlen. Die ostdeutschen Bundesländer sind dadurch am stärksten vom demografischen Wandel betroffen: Lässt man Berlin außen vor, kamen 2001 in Ostdeutschland auf je 100 Einwohner im Alter zwischen 20 und 65 Jahren gut 28 über 65-Jährige. 2017 standen bereits fast 44 Senioren 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter gegenüber. Zum Vergleich: In Westdeutschland erhöhte sich dieser sogenannte Altenquotient von knapp 28 auf gut 34 zu 100.

Berlin ist zwar ebenfalls gealtert – der Altenquotient von weniger als 31 liegt aber nach wie vor deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Kein Wunder – Jobs, Kunst und Kultur ziehen gerade junge Leute in die Hauptstadt. Noch stärker boomen allerdings Dresden und vor allem Leipzig.

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2019

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Berlin ist eine Gründungshochburg.

Strukturwandel vollbracht – so könnte das Fazit beim ersten Blick auf die Erwerbstätigenquoten in Ost und West lauten. Denn die Erwerbstätigenquote liegt in beiden Regionen bei rund 75 Prozent der Erwerbsbevölkerung. Doch wenn man die Erwerbstätigkeit nach Sektoren differenziert, werden Unterschiede deutlich: Ausgerechnet beim Wohlstandsmotor Industrie hat der Osten Deutschlands Beschäftigungsanteile verloren. Der Anteil der Erwerbstätigen im Produzierenden Gewerbe war 2018 in Ostdeutschland 3 Prozentpunkte niedriger als im Westen. Entsprechend höher fiel der Anteil der ostdeutschen Dienstleistungsbeschäftigten aus.

Umso wichtiger wäre es, dass in Ostdeutschland neue Unternehmen entstehen, die für wirtschaftliche Dynamik sorgen. Doch nur Berlin konnte sich 2018 mit Rang sieben im Spitzenfeld der Gründungshochburgen Deutschlands platzieren.

Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, 2019

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Neue Verkehrsinfrastruktur ist attraktiv.

Eine zentrale Aufgabe der Politik nach dem Mauerfall war es, die geteilte Verkehrsinfrastruktur zusammenzufügen und zu erweitern. Im Rahmen der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ wurden unter anderem neun große Schienenverbindungen neu oder ausgebaut und 1.940 Kilometer Bundesautobahn dem Verkehr übergeben.

Die besseren Reisemöglichkeiten haben dazu beigetragen, dass der Tourismus ostdeutsche Ziele wiederentdeckt hat, allen voran Mecklenburg-Vorpommern, das – je 1.000 Einwohner gerechnet – inzwischen mehr Urlauber anzieht als alle anderen Bundesländer. Im Jahr 2017 verzeichnete allein die mecklenburgische Ostseeküste rund 14,5 Millionen Übernachtungen. Auch andere Orte im Osten stehen hoch im Kurs. Laut einer Umfrage der Deutschen Zentrale für Tourismus steht die Dresdener Altstadt auf Rang sechs der beliebtesten deutschen Sehenswürdigkeiten bei internationalen Gästen.

Quelle: Statistisches Bundesamt (Tourismus in Zahlen), 2018

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Naturschutz wird auch im Osten großgeschrieben.

Wo einst der Eiserne Vorhang Deutschland teilte, leben im Bereich des „Grünen Bandes“ nun mehr als 1.200 gefährdete Tier- und Pflanzenarten: Luchs, Wildkatze, Fischotter, Schwarzstorch und Kranich profitieren von den neuen Naturräumen. Schon dies zeigt, dass die Natur zu den großen Gewinnern des Mauerfalls gehört. Aber auch generell haben Flora und Fauna in Ostdeutschland einen hohen Stellenwert: Die dortigen Naturschutzgebiete sind überdurchschnittlich groß – in Brandenburg im Schnitt sogar mehr als 500 Hektar.

Auch die Gewässerqualität verbesserte sich spürbar und die Zahl der Naturschutzgebiete in Deutschland hat sich seit 1989 mehr als verdoppelt. Gerade in den Jahren nach der Wiedervereinigung wurden zudem viele Nationalparks gegründet – zum Beispiel die Vorpommersche Boddenlandschaft mit einer Gesamtfläche von 78.600 Hektar, der Müritz-Nationalpark oder die Sächsische Schweiz.

Quellen: Bundesamt für Naturschutz, Landesämter für Naturschutz, 2019

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