Bildung
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Brain Drain stoppen - Brain Gain forcieren

Die Statements von Johanna Hey und Max Huber.

31. Mai 2006

Statement von Prof. Dr. Johanna Hey, Deutscher Hochschulverband: "In deutschen Universitäten geht wertvolle Zeit mit Spardiskussionen und Mangelverwaltung verloren"

"Meine Erfahrungen in Berkeley haben mich manchmal daran zweifeln lassen, ob ich in Deutschland als Professorin arbeiten wollte. Nun hat sich mir weniger die Alternative gestellt, ins Ausland zu gehen, aber wenn wir über Brain Drain sprechen, dann geht es nicht nur um die Abwanderung ins Ausland, sondern auch um Abwanderung in die Wirtschaft.

Gerade bei Juristen ist eine ganz entscheidende Frage: Wie hält man hervorragende Leute überhaupt in der Wissenschaft, wo doch in der Anwaltschaft wesentlich höhere Einkommen locken? Ich meine, das allerwichtigste Gut, das die Universität in diesem Zusammenhang zu bieten hat, ist die Freiheit von Forschung und Lehre. Hier liegt die eigentliche Motivation, sich für die Wissenschaft zu entscheiden. Die besonders guten Verdienstmöglichkeiten sind es sicher nicht. Wenn wir über Anreizsysteme sprechen, dann geht es also nicht primär um den persönlichen finanziellen Vorteil, sondern es geht um eine Verbesserung der materiellen Rahmenbedingungen für freies Forschen und Lehren.

In deutschen Universitäten geht sehr viel wertvolle Zeit mit Spardiskussionen und Mangelverwaltung verloren. Eine weitere Erfahrung, die man in den USA an den TOP-Universitäten macht, ist, dass man es dort durchweg mit sehr motivierten Studenten zu tun hat. Es ist ein großer Gewinn, mit guten Studenten zusammenzuarbeiten, in deren Ausbildung zu investieren, sich lohnt. Dafür müsste man die Studenten aber auswählen können."

Statement von Prof. Dr. Max Huber, DAAD: "Deutschland muss eine klare Standortpolitik betreiben."

"Insbesondere durch meine Aufgaben für den DAAD ist mir klar geworden, dass in den vergangenen 10 bis 15 Jahres etwas Gewaltiges geschehen ist: Es ist ein dynamischer globaler Bildungsmarkt entstanden. Ein hochkarätiger Markt, der nicht nur aus finanzieller Sicht für die Volkswirtschaften dieser Welt enorme Bedeutung hat.

Er wird getrieben von dem Bildungshunger großer Länder - insbesondere der sich entwickelnden Schwellenländer wie China; andererseits durch die eigenen Interessen der Industrieländer wie den Vereinigten Staaten, die die künftigen Eliten anderer Länder an sich binden wollen. Dazu kommt das vitale Interesse an einer Stärkung des wissenschaftlichen Potentials. So wird ein Großteil des wissenschaftlichen Outputs in den Staaten von Ausländern produziert. Ohne diese wäre die Innovationskraft der USA wesentlich geringer und damit ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Die Amerikaner haben das erkannt und "kaufen" mit aggressiven Methoden auf dem Weltmarkt 'Brains' ein. - Diese Erkenntnis ist in Deutschland nicht gerade ausgeprägt.

Wir freuen uns, wenn ausländische Studenten und Wissenschaftler an unsere Hochschulen und Forschungsinstituten kommen. Aber es fehlt eine zielgerichtete Strategie und der Wille, diesen Markt bewusst zu nutzen. Deutschland muss eine klare Standortpolitik betreiben, mit der wir weltweit die besten Köpfe anlocken. Dafür brauchen wir die besten Universitäten. Diese müssen wieder für kluge Köpfe auch aus dem Ausland und im internationalen Wettbewerb attraktiv werden. Wir müssen z. B. einem begabten chinesischen Post-Doc eine für ihn interessante Stelle anbieten können, so dass er sagt: "Ich gehe nicht nach Berkeley, sondern nach Göttingen, weil ich dort so forschen kann, wie es mein Thema verlangt. Und im übrigen bin ich hier willkommen, ich kann meine Familie mitbringen. Wir können uns hier wohlfühlen."

Unser Lebensstandard und unser Wohlstand sind nur gesichert, wenn wir bei Innovationen ein Stück weit die Nase vorn haben; dazu brauchen wir die klügsten Köpfe - aus dem Inland und auch aus dem Ausland. Das Thema ist äußerst brisant, denn dieser hochkarätige Weltmarkt wird von aktiven Interessen getrieben. Wenn wir da nicht zielstrebig und zügig mit entsprechenden Maßnahmen reagieren, geraten wir völlig ins Abseits."