INSM-Positionen
Für eine Arbeitsmarkterholung nach Corona

INSM-Position Arbeitsmarktpolitik

Trotz des hilfreichen Instruments der Kurzarbeit belastet die Corona-Krise den Arbeitsmarkt. Darum müssen wir neue Anreize zur Beschäftigung für Betriebe schaffen, damit der Neustart gelingt. Wie das im Detail funktioniert, haben wir in unserer Position zum Arbeitsmarkt zusammengefasst.

29. Juni 2020

Position herunterladenAlle Positionen

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie setzen den deutschen Arbeitsmarkt unter Druck. Die historisch hohe Zahl an Kurzarbeitern verhindert vorerst Entlassungen in größerem Umfang. Deshalb stieg die Arbeitslosigkeit auch weniger stark als der wirtschaftliche Einbruch im April und Mai 2020 vermuten ließe. Personen, die krisenbedingt arbeitslos sind, finden allerdings wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit nicht sofort eine neue Stelle. Damit sich die temporäre Arbeitslosigkeit nicht verfestigt und die Beschäftigtenzahl bis zum Herbst 2021 auf Vorkrisenniveau zurückkehrt, braucht es flexiblere Beschäftigungsmöglichkeiten und angemessene Lohnkosten.

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft fordert:

 

die Sozialbeiträge unter 40 Prozent zu halten und eine politische Lohnfindung zu unterlassen

• Neueinstellungen durch erleichterte Befristungen zu ermöglichen

• Arbeitszeit für eine verbesserte Resilienz in kommenden Krisen flexibilisieren

Sozialbeiträge unter 40 Prozent halten und politische Lohnfindung unterlassen

Von der Höhe der Lohnkosten hängt ab, wieviele Mitarbeiter von Unternehmen beschäftigt werden. Steigt das Arbeitnehmerentgelt (inkl. Sozialversicherungsbeiträgen) schneller als die Arbeitsproduktivität wird die Arbeitsleistung weniger rentabel für Unternehmen. Folge ist, dass weniger Mitarbeiter eingestellt oder gehalten werden. Die Politik beeinflusst unter anderem über die Sozialversicherungsbeiträge die Lohnkosten. Allein die vier großen Sozialversicherungszweige in Deutschland – Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung – machen etwa 40 Prozent des Arbeitnehmerentgelts aus.

Die 40-Prozent-Schwelle darf nicht überschritten werden, damit Deutschland als Beschäftigungsstandort attraktiv bleibt. Wenn durch die Corona-Krise zum Beispiel in der gesetzlichen Rentenversicherung die Beiträge steigen müssten, ist eine temporäre Steuerfinanzierung geeignet, um den Beitragsanstieg abzufedern. Langfristig braucht das deutsche Rentensystem jedoch dringend generationengerechte Reformen. Letztlich sollte sich nach der Überwindung der Corona-Folgen der Bundeszuschuss im Prinzip an den versicherungsfremden Leistungen der Rentenversicherung orientieren. Darüber hinaus ist von politischen Lohnfindungen, etwa beim Mindestlohn, abzusehen. Das Arbeitsentgelt können die Tarifparteien im Dialog am besten festlegen. Das gilt auch für den Mindestlohn, der unter Beteiligung von Gewerkschaften und Arbeitgebern in der Mindestlohnkommission festgelegt wird und sich in der Regel an der Tariflohnentwicklung orientiert.

Neueinstellungen durch erleichterte Befristung ermöglichen

Ein Hemmschuh für Neueinstellungen ist in wirtschaftlich unsicheren Zeiten wie der Corona-Krise das sogenannte Vorbeschäftigungsverbot. Beschäftigte, denen betriebsbedingt gekündigt werden mussten, dürfen derzeit wegen des Vorbeschäftigungsverbots nicht vom gleichen Arbeitgeber sachgrundlos befristet wieder eingestellt werden. Aufgrund der aktuellen Lage ist aber davon auszugehen, dass viele Unternehmen das Risiko einer unbefristeten Einstellung scheuen werden.

Das Vorbeschäftigungsverbot sollte daher für eine befristete Zeit aufgehoben werden, um so Menschen, die ihren Arbeitsplatz krisenbedingt verloren haben, die Rückkehr auf ihre alte Stelle zu ermöglichen. Um Arbeitsplatzverluste in der Zeitarbeit zu reduzieren, sollte außerdem die Höchstüberlassungsdauer in der Zeitarbeit zumindest temporär abgeschafft werden.

Arbeitszeit für eine verbesserte Resilienz in kommenden Krisen flexibilisieren

Arbeitszeitflexibilität und damit verbunden der gesetzliche Rahmen dafür haben für die Bewältigung der Krise eine hervorgehobene Bedeutung – sowohl für die Abfederung der Folgen einer sinkenden Arbeitskräftenachfrage, als auch für einen möglichst reibungslosen Anstieg nach Überwindung der Talsohle. Nach Berechnungen des IAB war das Arbeitsvolumen deutscher Arbeitnehmer im ersten Quartal 2020 rund 146 Millionen Stunden niedriger als im ersten Quartal 2019. Die beiden Hauptinstrumente zu Arbeitszeitreduzierung waren mit 41,1 Millionen Stunden die Kurzarbeit (gut 28 Prozent der Arbeitszeitreduzierung) und mit 36,3 Millionen Stunden der Überstundenabbau (knapp 25 Prozent). Darüber hinaus reduzierte sich das Arbeitsvolumen, indem Guthaben auf Arbeitszeitkonten abgebaut, Mitarbeiter temporär freigestellt und Urlaubstage vorgezogen wurden.

Die Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz sollte zumindest zeitlich befristet und wissenschaftlich begleitet im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgestellt werden. Auch eine Reduzierung der Ruhephasen als befristete Maßnahme ist wünschenswert und sollte wissenschaftlich evaluiert werden. Wenn die wissenschaftlichen Evaluationen positiv ausgefallen sind, sollten Höchstarbeitszeit und Ruhephasen dauerhaft flexibilisiert werden.

Quellen und Informationen

Weitere Positionen der INSM

Ifo-Studie

Steuerreform könnte Familien um 1.000 Euro im Jahr entlasten

Der Bundesfinanzminister gehört zu den größten Profiteuren der wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre. Die Mittelschicht wird besonders kräftig zur Kasse gebeten, da der Steuertarif bei unteren und mittleren Einkommensgruppen überproportional stark ansteigt. Das ifo Institut hat berechnet, wie sich der Abbau des sogenannten „Mittelstandsbauchs“ für die Steuerzahler auswirken würde.

2. Dezember 2016
Rente

Goldene Regel der Rentenpolitik vor dem Aus?

Die Forderung der Gewerkschaften nach einem höheren Rentenniveau ist ohne eine Erhöhung des Beitragssatzes nicht zu finanzieren. Davon würden Rentner profitieren, die während ihres eigenen Erwerbslebens durchgehend einen deutlich geringeren Teil ihres Verdienstes an die Rentnerinnen und Rentner abgegeben haben. Ein klarer Bruch der Goldenen Regel der Rentenpolitik.

1. November 2016
Rentendebatte

Haltelinie bei der Rente schützt nicht gegen Altersarmut

Haltelinien für das Rentenniveau würden Beitragszahler belasten, ohne dass dabei Altersarmut verringert würde. Dies zeigte Prof. Dr. Christian Hagist von der WHU – Otto Beisheim School of Management bei einer Veranstaltung der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) heute in Berlin.

27. Oktober 2016
83 Milliarden Euro Rentenlücke

Bedingt demografiefähig

Deutschland steht ein demografischer Wandel bevor, das ist bekannt. Während bis 2040 die Zahl der über 65-Jährigen um über sechs Millionen zunimmt, schrumpft die „erwerbsfähige“ Bevölkerung um sieben Millionen Personen. Die Folgen sind abseh- und abzählbar: Im öffentlichen Gesamthaushalt werden 2040 rund 144 Milliarden Euro fehlen. Das größte Loch reißt die gesetzliche Rentenversicherung.

27. Oktober 2016
Stromkosten

EEG & Co. treiben Energiewendekosten auf 520 Milliarden Euro

Die Gesamtkosten der Energiewende allein im Strombereich belaufen sich auf über 520 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomik (DICE) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die in Berlin vorgestellt wurde.

10. Oktober 2016
Studie zu Rentenniveau

Vierköpfige Familie müsste fast 1.000 Euro mehr zahlen

Mit irreführenden Behauptungen wird derzeit Stimmung gegen die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) gemacht. Gewerkschaften fordern, das Rentenniveau nicht länger dem demografischen Wandel anzupassen, sondern es auf dem heutigen Stand zu halten oder sogar anzuheben. Dazu müssten die Rentenbeiträge deutlich steigen – die INSM hat die finanziellen Folgen berechnen lassen.

5. Oktober 2016