Pressemeldungen
Studie zur Zukunft der Pflege in Deutschland

Eine Reform der Pflegeversicherung ist dringend nötig

Köln - Eine Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung (GPV) wird immer drängender. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens, das Professor Reinhold Schnabel von der Universität Duisburg-Essen über "Die Situation der Pflege bis zum Jahr 2050" für die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" angefertigt hat.

1. Mai 2007

Demnach wird in den nächsten Jahren die Zahl der Hochbetagten (über 80 Jährige) von derzeit 1 Million auf bis zu zehn Millionen Menschen im Jahr 2050 anwachsen. Die Zahl der Pflegebedürftigen wächst bis 2020 um 50 Prozent auf 2,7 Millionen (2050: 4,7 Millionen) Das bedeutet: Kamen im Jahr 2005 auf 100 erwerbsfähige Menschen im Alter von 20 bis 64 Jahren vier Pflegefälle, werden es in 2020 bereits 5,8 sein und 2050 sogar 12. 

Max A. Höfer und Prof. Reinhold Schnabel Max A. Höfer und Prof. Reinhold Schnabel (v.l.)

Zugleich werden künftig immer weniger Menschen ihre Angehörigen zu Hause pflegen. Kinderlosigkeit und Single-Dasein führen dazu, dass in Zukunft auf jeden Pflegebedürftigen immer weniger Angehörige kommen werden. Politik und Betroffene müssen sich deshalb darauf einstellen, dass die Pflege wesentlich stärker als bisher durch professionelle Pflegekräfte erfolgen wird. Der Pflegemarkt der Zukunft wird deshalb boomen - derzeit sind hier 545.000 Vollzeit-Beschäftigte tätig, im Jahr 2050 werden es 1,8 Millionen sein. Dann kommen auf 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte annähernd zehn Beschäftigte im Pflegesektor. Heute sind es nur 2,1.

Damit werden die Ausgaben für professionelle Pflege stärker wachsen als die reine Pflegedürftigkeit. Der Anstieg wird rund 3 Prozent pro Jahr betragen. Bis zum Jahr 2020 wird der Markt für professionelle Pflege auf 37 Milliarden Euro anwachsen, 2030 auf 47 Milliarden Euro und bis 2050 auf 72 Milliarden Euro.

Vor diesem Hintergrund wächst die Pflegelücke, also die Differenz zwischen den notwendigen Ausgaben für die Pflege und den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung, stark an. Heute beträgt diese Lücke circa 8 Milliarden Euro, im Jahr 2030 werden die Ausgaben bei nahezu 48 Milliarden Euro liegen, von denen die gesetzliche Pflegeversicherung lediglich 32 Milliarden Euro übernimmt. Diese Pflegelücke wird durch die private Selbstbeteilung und die Kommunen geschlossen werden müssen. Die Selbstbeteiligung von Patienten und die Unterstützung durch die Kommunen ("Hilfe zur Pflege") werden sich bis zum Jahr 2050 verfünffachen.

Die gesetzliche Pflegeversicherung könnte ihr heutiges Leistungsniveau nur um den Preis erheblich steigender Beitragssätze halten. Je nach Szenario (künftige Anzahl der Pflegefälle) müsste der Beitragssatz auf 3 bis 5,5 Prozent steigen. Reinhold Schnabel: " Höhere Beiträge zur GPV sind allerdings kein Ausweg aus der Versorgungslücke. Denn steigende Beiträge erhöhen die Lohnnebenkosten und verschärfen über eine wachsende Arbeitslosigkeit das Finanzproblem."

Um die Pflegelücke zu schließen bietet sich die Ergänzung der umlagefinanzierten gesetzlichen Pflegeversicherung durch eine freiwillige oder verpflichtende ergänzende private kapitalgedeckte Vorsorge an. In jedem Fall muss die Politik aber handeln. Max Höfer, Geschäftsführer der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft": "Private Haushalte müssen rechtzeitig wissen, was sie von der gesetzlichen Pflegeversicherung erwarten können, um im Alter abgesichert zu sein und ihr Vorsorgeverhalten rechtzeitig darauf einzurichten." 

Pressekontakt

Christoph Birnbaum, Tel.: (0221) 4981-433, E-Mail