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Presseempfang zur Einheitsbilanz Deutschland

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck: Zupackende Art der Ostdeutschen hat den Aufbau in den neuen Ländern zur Erfolgsgeschichte gemacht.

20. August 2009

Berlin - "Wir haben in den letzten 20 Jahren ein hervorragendes Fundament in den neuen Ländern gelegt: hochmoderne Industrieanlagen und Infrastruktur, leistungsfähige Hochschulen und Forschungseinrichtungen." Das sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck heute in Berlin zur Vorstellung zweier Studien, die die Wissenschaftler Klaus Schroeder (FU Berlin) und Joachim Ragnitz (ifo Dresden) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und der in Berlin erscheinenden SUPERillu erstellt haben.

Fazit beider Forscher: 20 Jahre nach dem Fall der Mauer hat der Lebensstandard in den neuen Ländern fast Westniveau erreicht. Platzeck lobte die zupackende Art der Ostdeutschen, die diese Fortschritte wesentlich mit ermöglicht haben. Den "Jammer-Ossi" gebe es nicht, stattdessen hätte die große Mehrheit der Ostdeutschen ihr Leben "komplett umkrempeln müssen" und dies erfolgreich getan.

Es sei gut, dass dieser falsche Eindruck mit wissenschaftlicher Unterstützung gerade gerückt werde: "Ich danke für die Studien, weil sie auch die Ausgangslage in der DDR noch einmal vorstellen", erklärte Platzeck. Die junge Generation von heute könne bisweilen nicht glauben, in welch "ausgezehrten Zustand" die DDR 1988 gewesen sei. Es sei wichtig, dies heute in Erinnerung zu rufen, weil nur vor diesem Hintergrund die erreichten Fortschritte 20 Jahre nach dem Mauerfall angemessen gewürdigt werden könnten. Dies gelte auch für "Freiheitsgrade und Perspektiven, Studien- und Reisemöglichkeiten, die es heute gibt."

"Wir haben zwischen Rostock und Suhl jeden Anlass, stolz zu sein", erklärte der Ministerpräsident und wandte sich dagegen, die Rückschau auf das Geschehen im Herbst 1989 auf das Thema "Stasi und Unrechtsstaat DDR" zu verkürzen. "Mich nervt es auch deswegen, weil die Ostdeutschen diese Frage im Herbst 1989 selbst beantwortet haben. Sie haben die DDR konsequent beendet." Platzeck forderte dazu auf, sich in Ost und West auf das Hier und Jetzt - die Aufbauleistung der letzten 20 Jahre - zu konzentrieren: "Jeder Bayer sagt mit stolz auf seine Leistung: Mir san mir. Auch die Ostdeutschen haben das Recht, diesen Satz zu sagen."

Die vorgestellten Studien belegen, dass die Wohlstandsangleichung in den neuen Ländern inzwischen sehr weit fortgeschritten ist. So stehen ostdeutsche Haushalte bei der Ausstattung mit langlebigen Konsumgütern den Westdeutschen in nichts mehr nach. Beim Autobesitz haben sie zumindest der Zahl nach die alten Bundesländer überholt: 57 Prozent aller Ostdeutschen besitzen einen PKW (2007), im Westen sind es nur 51 Prozent. Das verfügbare Einkommen je Einwohner in der Thüringer Stadt Suhl liegt mit 16.879 Euro jährlich über dem von Flensburg in Schleswig-Holstein (14.874 Euro).

Zentrale Ergebnisse der Studien sind in einem 48 Seiten starken Sonderheft ausgewertet, das der aktuellen Ausgabe der SUPERillu beiliegt. SUPERillu hat in Ostdeutschland 2,6 Millionen Leser und eine aktuelle Reichweite von 22,6 Prozent.

Von einer "beispiellosen Wohlstandsexplosion" in den neuen Bundesländern spricht Professor Schroeder. Die realen Nettomonatsverdienste für ostdeutsche Angestellte haben sich zwischen 1991 und 2007/2008 in etwa verdoppelt, die der ostdeutschen Arbeiter um 60 bis 80 Prozent - je nach Familienstand - erhöht. Im Westen gab es in dieser Zeit geringere reale Nettolohnsteigerungen.

Quer durch die sozialen Schichten ist die Angleichung in den neuen Ländern allerdings unterschiedlich schnell verlaufen. Ein-Personen-Haushalte und Paar-Haushalte ohne Kinder liegen eher weiter entfernt vom westdeutschen Durchschnitt; Alleinerziehende, Paare mit älteren Kindern und vor allem Rentner- und Sozialtransfer-Haushalte eher dichter daran. Vor allem in den oberen Einkommensklassen existiert noch eine deutliche Differenz.

Dies liegt nach Auffassung von Professor Schroeder daran, dass die Haushalte der Selbstständigen in Ostdeutschland das Einkommen ihrer Pendants im Westen noch nicht erzielen. Im Schnitt jedoch erreichen die meisten ostdeutschen Haushalte in den neuen Ländern einen "mit dem Westen durchaus vergleichbaren durchschnittlichen Wohlstand".

Als materielle Gewinner der Einheit sieht Professor Schroeder die Ost-Rentner. "Statt 30 bis 40 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens zu DDR-Zeiten beziehen sie heute über 80 Prozent, mitunter sogar über 100 Prozent des Durchschnittseinkommens, als gesetzliche Rente."

Gewinner der Einheit sind nach Auffassung des Wissenschaftlers auch Kinder und Jugendliche. Sie können von klein auf ihre Individualität entwickeln; viele von ihnen haben bessere Zukunftschancen durch einen deutlichen Anstieg höherer Bildungsabschlüsse im Vergleich zur Situation zum Ende der DDR. "Die Anteile der Abiturienten an den Schulabgängern eines Jahres haben sich gegenüber 1989 fast verdreifacht", so Schroeder.

Immer noch deutlich höher als in den alten Ländern ist die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland. Dazu Professor Schroeder: "Die höhere Arbeitslosenquote im Osten ist vor allem Resultat der dort höheren Erwerbsneigung und einer niedrigeren Teilzeitquote im Vergleich zu Westdeutschland." Dies habe mit Traditionen der DDR zu tun. Damals sei Teilzeitarbeit nicht gern gesehen worden.

Dr. Joachim Ragnitz vom ifo-Institut Dresden hob zudem die enormen Fortschritte hervor, die bei der Sanierung und dem Ausbau der Infrastruktur in den neuen Ländern und aus ökologischer Sicht erzielt wurden: "Die Umwelt ist ganz sicher auch eine Gewinnerin der Einheit. Die Elbe ist inzwischen so wenig belastet wie der Rhein."

Jochen Wolff, Chefredakteur der SUPERillu: "Für uns ist es ein zentrales journalistisches Anliegen, die gelungenen Aspekte des Aufbaus Ost im Jubiläumsherbst besonders herauszustellen: Lebensqualität, Wohlstand, Infrastruktur, Umwelt."

Unterm Strich ist der Angleichungsprozess Ostdeutschlands nach Auffassung beider Wissenschaftler als beispielloser Erfolg zu werten. "Der Kurswechsel von der sozialistischen Planwirtschaft zur Sozialen Marktwirtschaft war hart, aber erfolgreich. Das sollte uns allen genug Selbstvertrauen geben, auch die Herausforderungen der Zukunft anzugehen", so das Fazit von Max A. Höfer, Geschäftsführer der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM).

Die Studien liegen unter www.einheitsbilanz-deutschland.de zum Download bereit. 

Pressekontakt

INSM: Marco Mendorf, Tel: (0221) 4981-433, mendorf@insm.de
SUPERillu: Jochen Wolff, Tel: (030) 23876-270