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50 Prozent der Gesetze sind unverständlich

Erster umfassender Qualitäts-Check aller Gesetze der Großen Koalition. Zum ersten Mal wurden alle 698 Gesetze, die die Großen Koalition in der ersten Hälfte der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages (2005 bis 2007) erlassen hat, einem umfassenden Qualitäts-Check unterzogen.

29. November 2007

Prof. Dr. Ulrich Karpen, Staatsrechtler an der Universität Hamburg und Vorsitzender der Deutsche Gesellschaft für Gesetzgebung, und seine Arbeitsgruppe mit den Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen RA Dr. Iris Breutz und RA Dr. Anja Nünke erstellten im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) diese Analyse.

Das sind die zentralen Ergebnisse, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde:

  • 76 Prozent der Gesetze verursachen noch mehr Bürokratiekosten,
  • 58 Prozent der Gesetze werden nach kurzer Zeit wieder geändert,
  • 58 Prozent der Gesetze verursachen noch mehr Regeln,
  • 50 Prozent der Gesetze sind sprachlich unverständlich,
  • 26 Prozent der Gesetze werden durch EU-Recht beeinflusst,
  • 24 Prozent der Verweisungen auf andere Gesetze sind überkomplex und unüberschaubar.

"Die Gesetzgebung leidet unter schweren handwerklichen Mängeln", sagte Prof. Karpen, Leiter der Studie: "Die Mängel zeigen sich insbesondere im hektischen Gesetzgebungsverfahren, im Übermaß an Änderungs-, Ergänzungs- und Berichtigungsgesetzen sowie in Form von unüberschaubaren Gesetzespaketen. Sie verursachen erhebliche Bürokratiekosten für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung."

"Wir können der Großen Koalition bei der Gesetzgebung nur die Note mangelhaft ins Halbjahreszeugnis schreiben", erklärte INSM-Geschäftsführer Max A. Höfer bei der Präsentation der Studie. "Wenn die Gesetze für den Bürger nicht mehr verständlich sind, können sie auch nicht korrekt angewandt werden und verursachen dadurch Rechtsunsicherheit", so Höfer weiter.

Ein weiterer Befund der Studie: Nur 84 von 698 Gesetzen dienen der Rechtsbereinigung und beseitigen überflüssige und alte Normen. Darüber hinaus gibt es lediglich 35 Zeitgesetze, die nach einem vorher festgelegten Zeitraum außer Kraft treten. Auch wird die Möglichkeit des E-Governments, das Verwalten über elektronische Medien, noch viel zu wenig genutzt.

Die Studie gibt zudem Empfehlungen, wo und wie die Gesetzgebung verbessert werden kann. Demnach solle der Gesetzgeber Gesetze sprachlich besser formulieren, weniger Änderungsgesetze auf den Weg bringen und die Bürokratiekosten, die beim Bürger und in der Verwaltung entstehen, nach Möglichkeit vorher messen oder hinterher evaluieren. Dazu sollten stufenweise die Rechte des Normenkontrollrates ausgeweitet werden.

Die detaillierten Auswertungen aller 698 Gesetze und Normen ist im Netz unter www.insm-gesetzescheck.de zu finden.