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Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und WirtschaftsWoche legen das 7. Update der Dauerstudie Merkelmeter vor

Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und WirtschaftsWoche legen das 7. Update der Dauerstudie Merkelmeter vor. Kritik an Großer Koalition: "Mit Baby-Steps sind keine größeren Sprünge möglich" - Ökonomen fordern Ende der Neuverschuldung für Herbst 2009.

11. März 2007

Köln/Düsseldorf - Seit November 2006 ist das Merkelmeter um 2,3 Prozentpunkte auf einen Gesamtwert von 6,9 Prozent gestiegen. Es legte vor allem im Einzelbereich "Steuern und Finanzen" stark zu. Eine Ursache dafür ist neben der Besserung beim Staatsdefizit der aktuelle Gesetzentwurf der Unternehmenssteuerreform 2008, der am 14. März im Bundeskabinett beraten wird. "Die Reform lässt unterm Strich eine Standortverbesserung erwarten, weil sie eine Nettoentlastung der Unternehmen verspricht und neue Anreize für mehr Unternehmensinvestitionen in Deutschland setzen dürfte", sagt der Kölner Ökonom Professor Michael Hüther, dessen Institut die Dauerstudie Merkelmeter im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und der Wirtschafts-Woche seit der Bundestagswahl 2005 erstellt.

Aktuell hat sich die positive Bewertung der Unternehmenssteuerreform gegenüber den 2006 vorgelegten Eckpunkten (5. Merkelmeter, Juli 2006) noch einmal verbessert. Positiv ist und bleibt die Senkung der Tarife. "Damit rückt Deutschland aus dem internationalen Tabellenkeller ins steuerpolitische Mittelfeld vor", sagt INSM-Geschäftsführer Max A. Höfer. Wichtig ist aus Sicht der Ökonomen auch, dass Kapital- UND die bislang benachteiligten Personengesellschaften gleichermaßen von der Entlastung profitieren.

Positiv bewertet wurde, dass Personengesellschaften ab 2008 für einbehaltene (so genannte thesaurierte) Gewinne eine Steuerbegünstigung beantragen können. Dadurch sinkt ihr Steuersatz auf 28,25 Prozent plus Solidaritätszuschlag. Auf 100 Euro einbehaltenen Gewinn müssen maximal 29,80 Euro Steuern gezahlt werden. Bei einer Gewinnentnahme würde die normale Einkommensteuer greifen, also maximal 45 Prozent plus Solidaritätszuschlag. "Die Thesaurierungsbegünstigung senkt die Grenz- und Gesamtbelastung größerer Personenunternehmen und stärkt ihre Investitionsbereitschaft", erklärt Professor Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft sowie wissenschaftlicher Berater und Kuratoriumsmitglied der INSM.

Nachbesserungen bei der Substanzbesteuerung bringen ebenfalls Pluspunkte. Ursprünglich wollte man die steuerliche Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen sowie der Finanzierungsanteilen von Mieten, Leasingraten und Pachten erheblich einschränken.
Heftig wird in der INSM-WiWo-Studie Merkelmeter allerdings die geplante "Zinsschranke" kritisiert. Dieses komplexe Regelwerk soll nach dem Willen der Bundesregierung verhindern, dass Un-ternehmen in Deutschland ihre Gewinne klein rechnen können. Ob die Zinsen oberhalb einer Frei-grenze von einer Million Euro noch voll abzugsfähig sind, soll in einem mehrstufigen Prüfverfahren festgestellt werden. "Diese Komplizierung des Steuerrechts ist unnötig, denn die Senkung des Steuertarifs senkt den Anreiz zur Steuerflucht ins Ausland ohnehin bereits", so Professor Hüther.

Negativ bewertet das Merkelmeter auch die geplante Besteuerung von Funktionsverlagerungen. Wenn deutsche Unternehmen bestimmte Tätigkeitsfelder ins Ausland verlagern, soll dies steuerlich wie der Verkauf eines Unternehmensteiles gewertet werden. "Das ist letztlich nationaler Protektionismus mit Mitteln der Steuerpolitik und ganz sicher nicht mehr zeitgemäß in einem Exportland, das so sehr davon profitiert, dass deutsche Unternehmen global so gut eingebunden sind. Die Be-steuerung von Funktionsverlagerungen schränkt ihre unternehmerische Freiheit ein und ist kontraproduktiv für den Standort", so INSM-Berater Hüther.

Dennoch: Unterm Strich wird die Unternehmenssteuerreform trotz einiger Schwächen die Rahmenbedingungen für Unternehmen in Deutschland verbessern.

Die am 9. März im Bundestag abschließend behandelte Rentenreform, die das Renteneintrittsalter schrittweise von 65 auf 67 Jahre anhebt, ist ein grundsätzlich richtiger Schritt, der nach Auffassung von INSM-Geschäftsführer Max A. Höfer "auch für Investoren im Ausland eine wichtige Signalwirkung hat". Höfer weiter: "Unter der Federführung von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering hat die Politik einen notwendigen Schritt gemacht, obwohl dieser unpopulär ist."

Allerdings ist aus wissenschaftlicher Sicht zu bemängeln, dass die Reform nun durch eine Ausnahmeregelung verwässert worden ist: Versicherte mit 45 Beitragsjahren sollen auch künftig mit 65 abschlagsfrei in Rente gehen können. "Das ist ein klarer Verstoß gegen das Versicherungsprinzip, denn die Gesetzliche Rentenversicherung zahlt ihre Leistungen ohne Abschläge seit jeher erst ab einem bestimmten Alter aus", kritisiert auch IW-Ökonom Michael Hüther. Die geplante Neuregelung benachteilige zum Beispiel Frauen, die Kindes halber vielfach eine unstetigere Erwerbsbiografie vorzuweisen haben und sie verlagere Beitragslasten auf kommende Generationen. Hüther: "Dieser Teil des Geset-zes, das voraussichtlich am 30. März 2007 im Bundesrat abschließend behandelt wird, ist damit letztlich unsozial."

Wissenschaftliches Statement zur Regierungspolitik im ersten Quartal 2007:

Aus dem 7. INSM-WiWo-Merkelmeter, das den Gesetzgebungsprozess der Großen Koalition seit Mitte November 2006 bewertet, zieht Professor Michael Hüther folgendes Fazit: "Unterm Strich ist zu sagen, dass sich zwar das Land und seine Wirtschaft bewegt, dass aber nicht in erster Linie die Bundesregierung der Motor dieser Bewegung ist. Diese Zwischenbilanz des Merkelme-ters, die das Handeln der politischen Akteure Ende 2006 und im ersten Quartal 2007 abbildet, zeigt, dass die Schritte nach vorn noch zu zaghaft sind. Mit Baby Steps kann man keine großen Sprünge machen. Die Bundesregierung muss nun den aktuellen konjunkturellen Rückenwind nutzen, um nach Jahren hausgemachter Probleme einen hausgemachten Aufschwung zu zimmern. Baustellen sind: der nach wie vor unflexible deutsche Arbeitsmarkt mit seinen im internationalen Vergleich viel zu niedrigen Beschäftigungsquoten und die hohe Langzeitarbeitslosigkeit, die Sozialversiche-rungen mit ihren weiterhin hohen Beiträgen, das ineffiziente und unübersichtliche Steuersystem sowie die strukturellen Haushaltsdefizite von Bund, Ländern und Gemeinden. Um hier den notwendigen politischen Druck aufzubauen, ist Bundesfinanzminister Peer Steinbrück aufgerufen, ein kla-res Zieldatum zu benennen, an dem ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden soll. Die Zielmarke dafür sollte das voraussichtliche Ende der Legislaturperiode im Herbst 2009 sein."

Das 7. Merkelmeter erscheint am Montag, 12. März 2007, in der neuen WirtschaftsWoche. Merkelmeter im Internet: www.merkelmeter.de; www.insm.de; www.wiwo.de.

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