Steuern senken – jetzt
Standpunkt von Hubertus Pellengahr

Steuern senken und Mittelschicht entlasten

Finanziell geht es dem deutschen Staat dank der hervorragenden konjunkturellen Lage und der guten Verfassung des Arbeitsmarktes blendend. Der Haushalt ist nicht nur seit längerem ausgeglichen, sondern weist sogar milliardenhohe Überschüsse aus. Zugleich war die Steuer- und Abgabenbelastung der Bürger nie so hoch wie heute. Höchste Zeit, dass ihnen wieder mehr von ihrem Verdienst gelassen wird.

11. Januar 2018

Position Einkommensteuer

Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der INSM förderte einen finanziellen Spielraum für die nächste Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode bis 2021 in Höhe von 52 Milliarden zu tage. Während in der Vergangenheit stets sehr genau abgewogen werden musste, ob eine Steuersenkung denn finanzierbar ist mit Blick auf eine solide Haushaltspolitik, rückt diese Frage derzeit tatsächlich in den Hintergrund, denn die Fakten sprechen eine klare Sprache. Ja, es ist genügend Geld da, auch ohne Abstriche bei Zukunftsinvestitionen zu machen oder gar den Pfad einer soliden Haushaltspolitik zu verlassen. Alles zusammen passt! Der Zeitpunkt für Steuersenkungen könnte kaum günstiger sein. Die Parteien haben im Wahlkampf versprochen, die Steuern zu senken, Familien zu entlasten, insbesondere kleinere und mittlere Einkommen zu schonen.

Nun also gilt es, das Richtige aus der fast schon paradiesisch anmutenden Finanzlage zu machen:

Solidaritätszuschlag abschaffen! Für alle und sofort – zumindest ab dem Ende des Solidarpaktes 2019. Der „Soli“ beträgt 5,5 Prozent auf die jeweilige Einkommensteuerschuld und ist auch auf Körperschaftssteuer und Kapitalertragsteuer zu zahlen. Er hat sich historisch überholt, und von den Einnahmen fließt heute kaum noch etwas überhaupt in die ostdeutschen Bundesländer. Der „Soli“ war nie als Dauerabgabe geplant, und mehr als 25 Jahre nach der Wiedervereinigung ist er schlichtweg reif fürs Museum bzw. das Geschichtsbuch.

Der Staat sollte und kann (!) seinen Bürgern mehr von ihren Einkommen lassen. Der sogenannte Mittelstandsbauch im Einkommensteuersystem muss abgeflacht werden. Die Steuersätze sollten „nach rechts“ verschoben werden, also erst ab einem höheren Einkommen greifen.

Für wen zahlt sich das wie aus?

Doppelverdiener-Ehepaar, Kinder aus dem Haus: 1776 Euro Ersparnis! Ein verheirateter Kfz-Meister mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung und einem Bruttojahreseinkommen von 52.000 Euro käme mit einer Abschaffung des Soli und einer solchen Rechtsverschiebung des Tarifs im Einkommensteuersystem um 2000 Euro zusammen mit seiner Ehefrau, ebenfalls berufstätig, auf eine Entlastung in Höhe von 1776 Euro im Jahr. Unterstellt wurde bei dieser Berechnung von Steuerexperten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), dass das Paar zwei Kinder hat, die jedoch schon aus dem Haus sind. Die Frau ist Verwaltungsangestellte mit ebenfalls zehn Jahren Berufserfahrung und verdient ihrerseits im öffentlichen Dienst 51.000 Euro brutto im Jahr.

Erzieherin, alleinerziehend, ein Kind: 465 Euro Ersparnis! Die Erzieherin mit Anstellung im öffentlichen Dienst und zehn Jahren Berufserfahrung kommt auf ein Jahreseinkommen von 41.000 Euro. Ihre Ersparnis durch die Streichung des Soli und der Verschiebung des Einkommensteuertarifs liegt bei 465 Euro.
Dies sind nur zwei Beispiele, die aber exemplarisch belegen: Von einer Abflachung des Mittelstandsbauchs würden alle Steuerzahler profitieren. Fakt ist, dass sich die politische Debatte in der Vergangenheit gern auf den Eingangs- respektive Spitzensteuersatz verengt hat. An diesen beiden Sätzen wurde auch gerne herumgedreht. Doch ein Großteil der Steuerpflichtigen bezieht Einkommen im Bereich des Mittelstandsbauchs – eine Reform, die dort ansetzt, hätte also entsprechend breitflächige Entlastungswirkungen. Dass die Steuerbelastung gerade für Bezieher mittlerer Einkommen stark angestiegen ist und hoch bleibt, ist leistungsfeindlich und ungerecht.

Eine Entlastung von mehr als 50 Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode durch die Soli-Abschaffung und die beschriebenen Einkommensteuererleichterungen wären auf jeden Fall ein Anfang. Dabei gibt es durchaus Ökonomen, die eine weitaus höhere Steuersenkung fordern: Legt man die langfristige Steuerquote, also das Verhältnis von Steueraufkommen zum Bruttoinlandsprodukt, für die Berechnung möglicher Entlastungen zugrunde, ergäbe sich ein Spielraum von mehr als 30 Milliarden Euro pro Jahr. Dies hat Prof. Clemens Fuest, Direktor des Ifo Instituts in München, in einer Studie für die INSM bereits im vergangenen Jahr berechnet.

De facto steigt die Steuerquote seit Jahren. Heute liegt sie mit 22,6 Prozent so hoch wie seit den 1980er Jahren nicht mehr. Der Staat nimmt also immer mehr ein, die Belastung für die Bürger steigt. Um die Quote nicht immer weiter anschwellen zu lassen, hätte der Staat die Menschen im Laufe der Jahre immer wieder entlasten müssen, was aber nicht in ausreichendem Maß geschehen ist. Es gibt also dringenden Handlungsbedarf. Damit sich Leistung auch in Zukunft lohnt.

 

Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM.