Kampagne: Nachhaltige Rente
Grundrente

Preisverleihung: „Goldene Gießkanne“ für Hubertus Heil

Am Ziel vorbei, teuer, ungerecht: Die Grundrente verfehlt ihre Ziele. Sie ist teure Symbolpolitik mit maximaler Streuwirkung. Deswegen hat die INSM an Sozialminister Hubertus Heil die “Goldene Gießkanne” verliehen.

19. Februar 2020

Die Grundrente hat es mit Verspätung und auf intensives Betreiben der SPD und ihres Sozialministers Hubertus Heil doch noch ins Kabinett geschafft: Ab dem Jahr 2021 soll die Grundrente kommen, obwohl nahezu alle Probleme bei der Umsetzung und die wohl wichtigste Frage, die der Finanzierung des milliardenschweren Projekts, weiterhin ungeklärt sind.

Der 47-jährige Hubertus Heil, seit knapp zwei Jahren Bundesminister für Arbeit und Soziales, spricht davon, mit der Grundrente „Lebensleistung zu würdigen“. Doch tatsächlich verabschiedet er sich bei dem Projekt von nahezu allen Grundsätzen, die in unserem Sozialstaat bislang galten, man denke nur an die fehlende Bedürftigkeitsprüfung oder die weitgehende Aufgabe des Äquivalenzprinzips, welches besagt, dass sich die Höhe der Auszahlung an der Einzahlung zu bemessen hat. 

Das Gesetzespaket der Grundrente wird viel Geld kosten. Nach den vermutlich eher konservativen Schätzungen des Heil-Ministeriums:

  • In den fünf Jahren bis 2025 8,9 Milliarden Euro
  • In den zehn Jahren bis 2030 insgesamt 19,8 Milliarden Euro

Doch das Ziel, Altersarmut zu bekämpfen, erreicht die Grundrente nicht. Deshalb verleiht die INSM Hubertus Heil anlässlich des Kabinettsbeschlusses zur Grundrente am 19. Februar 2020 die „Goldene Gießkanne“ als Preis für teure Symbolpolitik mit maximaler Streuwirkung. Gießkannenpolitik pur: Am Ziel vorbei, teuer, ungerecht.

Warum Hubertus Heil den Preis verdient hat:

  • Die Grundrente sollen Menschen bekommen, die über einen längeren Zeitraum (Minimum 33 Jahre) in der gesetzlichen Rentenversicherung Beitragsjahre gesammelt haben. Um Anspruch auf Grundrente zu haben, dürfen die eingezahlten Beträge weder zu hoch, noch zu niedrig gewesen sein (durchschnittlich zwischen 0,3 und 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr). Allerdings: Die Menschen, die in der Regel im Alter tatsächlich von Armut bedroht sind, kommen gar nicht auf die nötigen Versicherungszeiten und gehen leer aus. Damit geht die Grundrente am Problem der Altersarmut vorbei.
  • Die Grundrente schafft dafür neue Ungerechtigkeiten. Denn in vielen Fällen werden Menschen, die ihr Leben lang Vollzeit gearbeitet haben, nicht von der Grundrente profitieren, während jene, die wenig einbezahlt haben, zum Beispiel durch Teilzeit-Arbeit oder längere Phasen der Nicht-Erwerbstätigkeit, durch die Grundrente im Ergebnis fast genauso viel Rente bekommen. Das ist das Gegenteil von Respekt vor Lebensleistung.
  • Auch innerhalb der Grundrentenbezieher geht es nicht um Lebensleistung. Im Gegenteil: Je größer die Lebensleistung, desto niedriger die Grundrente. Das liegt an der Logik des Gesetzentwurfs. Wer besonders niedrige Rentenansprüche hat, bekommt einen hohen Zuschlag (zum Beispiel 404 Euro zusätzliche Grundrente bei einem Rentenanspruch von 462 Euro aus 35 Beitragsjahren), bei einem höheren Rentenanspruch gibt es dagegen weniger zusätzliche Grundrente (zum Beispiel  284 Euro Zuschlag bei 600 Euro Rentenanspruch aus 35 Beitragsjahren). Mit Anerkennung von Leistung hat die Grundrente jedenfalls nichts zu tun.
  • Da die Ausgestaltung der Grundrente mehrere Ungleichbehandlungen beinhaltet, könnte sie sogar gegen den Gleichheitsgrundsatz unserer Verfassung verstoßen.
  • Die Grundrente bricht mit dem Prinzip, dass im Sozialstaat zunächst der Einzelne in der Verantwortung ist und dann erst der Staat (Subsidiaritätsprinzip). Wer aber die Hilfe des Staates in Anspruch nehmen möchte, muss seine Bedürftigkeit nachweisen. Kurz: Nur wer Grundrente braucht, soll sie bekommen. Nun hat Heil aber in einem einmaligen Vorgang gegen den politischen Partner Union durchgesetzt, auf eine klassische und im Sozialstaat übliche Bedürftigkeitsprüfung zu verzichten. Diese war im Koalitionsvertrag mit der Union vereinbart. Die Folge: Nun sollen auch Menschen die Grundrente bekommen, die sie eigentlich gar nicht bräuchten – genauer: sie nach den geltenden Regeln des Sozialstaates nicht bekommen dürften (weil sie sie nicht brauchen).
  • Mit der Grundrente würde ein Bürokratiemonster geschaffen : Geht es nach dem Gesetzentwurf aus dem Heil-Ministerium, muss zukünftig die Gesetzliche Rentenversicherung bei 25 Millionen Bestandsrentnern prüfen, ob deren Rentenansprüche aufgewertet werden müssen. Die Probleme einer solchen Prüfung sind vielfältig. Ein gewichtiges: Bei rund fünf Millionen Rentnern liegen die Informationen nicht digital, teils nur auf Magnetbändern bei der Gesetzlichen Rentenversicherung vor. Die Folge: Jeder dieser Fälle müsste einzeln und händisch bearbeitet werden. Insgesamt 3000 zusätzliche Stellen wären bei der Gesetzlichen Rentenversicherung im ersten Jahr der Grundrente nötig. Die geschätzten Bürokratie-Kosten allein im Einführungsjahr: mehrere hunderte Millionen Euro - bezahlt vom  Beitragszahler. Das es anders gehen könnte, davon ist der Nationale Normenkontrollrat überzeugt: Vor wenigen Tagen schrieb er in einem Brief an das Ministerium von Hubertus Heil, dass “eine weniger aufwendige und zielgenauere sowie rechtssichere” Variante möglich gewesen wäre.
  • Last, but not least: Die Finanzierung ist völlig offen. Die Grundrente soll aus Steuern finanziert werden. Dafür soll der Bundeszuschuss an die Rentenversicherung ab 2021 jährlich um 1,4 Milliarden Euro „dauerhaft“ erhöht werden. Doch woher die benötigten Milliarden kommen sollen, ist unklar. Hier haben Hubertus Heil und sein Kabinetts- und Parteikollege Olaf Scholz schlicht nicht geliefert. Die ursprünglich als Gegenfinanzierung geplante Finanztransaktionssteuer ist weitgehend gescheitert - mindestens in weiter Ferne.

Hubertus Heil hat sein Projekt Grundrente gegen jeden Rat von Experten und der massiven Kritik auch von Seiten der Rentenversicherung selbst durchgepeitscht. Der Preis ist mehr als verdient.

 

  • 19.02, BMAS: Die Goldene Gießkanne...
  • ...wird vor der PK im BMAS...
  • ...zur Grundrente an Hubertus Heil...
  • ...für wirkungslose Rentenpolitik...
  • ...verliehen!

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