Für eine Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems sind natürlich alle Parteien – theoretisch wenigstens. Wenn es aber konkret wird, obsiegen aber häufig geschickt vorgetragene Interessen einzelner Branchen. Dann wird die Steuerermäßigung zur versteckten Subvention.
10. Mai 2010
Bei einem Blick in die Grundsatz- und Wahlprogramme von CDU, FDP, SPD, Grünen und der Linken findet man keine konkreten Aussagen zum Thema Vereinfachung der Mehrwertsteuer. Im Gegenteil: Wenn es um die Mehrwertsteuer geht, dann meist um Ausnahmen von der bestehenden Regel. So fordern beispielsweise die Grünen den reduzierten Mehrwertsteuersatz für den Fernverkehr und die FDP fordert 7 Prozent für Energie.
Anders sieht es bei aktuellen Wortmeldungen von Politikern aus. Da gibt es vermehrt Stimmen, die für eine Vereinfachung plädieren. "Wir halten eine Reform, die die gesamte Struktur der Mehrwertsteuersätze betrifft, für sinnvoll", meint beispielsweise der stellvertretende Vorsitzende der CDU/ CSU Bundestagsfraktion Michael Meister. Eine Ansicht, der sich auch Frank Schäffler, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, anschließt: "Es wäre gut, wenn wir zu einer weitgehenden Vereinheitlichung der Mehrwertsteuersätze kommen."
Auch der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP greift das Thema auf – allerdings ist er geradezu ein Paradebeispiel für das Auseinanderdriften von Anspruch und Wirklichkeit bei Reformen in Deutschland. Da wird einerseits konstatiert, dass "Handlungsbedarf bei den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen" bestehe, aber nur einen Absatz später fordert derselbe Koalitionsvertrag die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen von 19 auf 7 Prozent – eine neue Ausnahme dort, wo es eigentlich zu einer Vereinfachung kommen sollte. Die Vehemenz der öffentlichen Kritik hat die Koalitionäre überrascht.