Digitale Transformation: Deutschland scheitert beim E-Government
Deutschland verfehlt beim E-Government krachend seine selbstgesteckten Ziele und steht auch im EU-Vergleich schlecht da. Das Behörden-Digimeter auf dieser Seite ist ein fortlaufendes Projekt, mit dem die INSM die Umsetzung des sogenannten Online-Zugangsgesetzes (OZG) überprüft, mit dem die Verwaltung in Deutschland digitalisiert werden soll.
Der Umsetzungsstand des Onlinezugangsgesetzes im Februar 2025
Die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland schreitet weiterhin viel zu langsam voran. Die Online-Angebote in Bürgerämtern und Gemeindeverwaltungen sind nach wie vor uneinheitlich und lückenhaft. Von den insgesamt 575 staatlichen Leistungen, die gemäß Onlinezugangsgesetz (OZG) bis Ende 2022 bundesweit digital verfügbar sein sollten, waren Anfang Januar 2025 lediglich 196 tatsächlich umgesetzt.
Die Umsetzung der OZG-Leistungen in den Bundesländern
Der Stadtstaat Hamburg führt im Januar 2025 das OZG-Ranking an, wenn man auf die Anzahl der flächendeckend im jeweiligen Bundesland verfügbaren gesetzlich definierten Online-Angebote schaut. In der Hansestadt sind bereits 290 der 575 OZG-Leistungen online verfügbar. Auch bei der Veränderung gegenüber dem Vorjahr liegt Hamburg mit 131 zusätzlichen Angeboten an der Spitze. Stadtstaaten haben Vorteil, dass sie (mit Ausnahme Bremens, das aus zwei Gemeinden besteht) ebenfalls eine Kommune sind, sodass sie es bei der OZG-Umsetzung einfacher haben: Es besteht keine Mehr-Ebenen-Problematik mit fehlenden Durchgriffsrechten auf die kommunale Ebene.
Trotz der hohen Anzahl an Gemeinden folgt an zweiter Stelle Bayern mit 276 flächendeckenden OZG-Angeboten, 98 mehr als vor zwei Jahren. Auf Rang drei liegt das nun führende ostdeutsche Bundesland Mecklenburg-Vorpommern mit 238 Online-Leistungen, immerhin 103 mehr als Ende 2022.
Die Hauptstadt Berlin liegt mit 232 Online-Leistungen zwar auf Platz 4, doch gilt hier wiederum zu beachten, dass es Stadtstaaten aufgrund der einheitlichen Verwaltung (die Berlin trotz seiner 12 Bezirke aufweist) leichter haben als Flächenländer.
Thüringen schafft es mit 231 Online-Angeboten auf Rang 5 knapp hinter Berlin, während Hessen, früher in der Führungsriege bei der OZG-Umsetzung, mit nur 46 neuen Leistungen auf nunmehr 229 in den vergangenen zwei Jahren auf Platz 6 zurückgefallen ist. Die rote OZG-Laterne trägt, wie schon in den Vorjahren, das Saarland mit nur 196 flächendeckenden Online-Angeboten vor Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen mit je 197 Umsetzungen. In diesen vier Bundesländern sind auch zwei Jahre nach dem Zieldatum nur etwas mehr als ein Drittel der definierten OZG-Online-Angebote flächendeckend verfügbar. Für Nordrhein-Westfalen fällt wie schon im vorherigen Behörden-Digimeter (Röhl, 2024b) die hohe Anzahl von zumindest in einzelnen Gemeinden umgesetzten Online-Angeboten auf; im Januar 2025 sind dies 256. Würde es dem Behörden-Digimeter 2025 einwohnerstarken Flächenland endlich gelingen, bereits in Einzelgemeinden verfügbare Leistungen in die Fläche zu bringen, wäre Nordrhein-Westfalen OZG-Spitzenreiter, statt in der Gruppe der Nachzügler zu verharren.
Abnehmendes Tempo: OZG-Zielerreichung erst 18 Jahre nach ursprünglichem Zieldatum?
Besonders eklatant: Im letzten Jahr sind auf das gesamte Bundesgebiet bezogen nur 13 Leistungen hinzugekommen, die flächendeckend angeboten werden. Das Tempo der Verwaltungsdigitalisierung nimmt also ab. Ändert sich das Tempo der vergangenen beiden Jahre nicht, brauchen Schlusslichter wie Hessen und Sachsen noch 15 bis 16 Jahre, um das OZG vollständig umzusetzen. Durchschnittlich werden die Flächenländer über neun weitere Jahre benötigen. Bundesweit könnte die vollständige OZG-Umsetzung somit erst 18 Jahre nach dem ursprünglichen Zieldatum erfolgen – ein unhaltbarer Zustand.

Die Verfügbarkeit von OZG-Leistungen in den Bundesländern

Verwaltungsdigitalisierung im EU-Vergleich
Ein innereuropäischer Vergleich bestätigt das ernüchternde Bild: Deutschland befindet sich beim E-Government der Regierung und Verwaltung mittels digital vernetzter Dienste im unteren Mittelfeld. Besonders bei vorausgefüllten Formularen, bei denen Bürger und Unternehmen nur noch nicht bei Ämtern und Behörden vorhandene Daten eingeben müssen, liegt Deutschland auf dem vorletzten Platz der 27 EU-Mitglieder. Die fehlende Verknüpfung staatlicher Datensammlungen, der sogenannten Register, verhindert hierzulande die Umsetzung der EU-Vorgabe des Once-Only-Prinzips, also der nur einmaligen Angabe von Daten bei Behörden. Beispiele aus anderen Ländern zeigen, wie die Digitalisierung der Verwaltung durch Cloudnutzung, eine plattformzentrierte Governance und landesweite einheitliche Portale erfolgreich umgesetzt werden könnte.
Ausblick
Die neu gewählte Bundesregierung muss nach der Wahl dringend das Tempo beim E-Government erhöhen. Es ist wichtig, die Koordinierungsfunktion des Bundes zu stärken, möglicherweise durch eine Grundgesetzänderung oder einen Staatsvertrag. Zudem sind die Wiedereinführung einer Frist für das OZG, die Formulierung digitaltauglicher Gesetze, die Beschleunigung der Registermodernisierung sowie die Einführung eines bundeseinheitlichen Organisationskontos und Unternehmensportals und die elektronische Identität (E-ID) für die Identifizierung beim Online-Bürgeramt als Leuchtturm-Projekte von Bedeutung. Nach Beginn der neuen Legislaturperiode muss schnell gehandelt werden, um die Fehler der vorherigen Ampel-Koalitionsregierung in der Digitalisierung zu vermeiden.