Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland kommt seit Jahren nur schleppend voran. Es gibt kaum moderne Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen, die den Gang zum Amt ersparen. Das kleinere Österreich, das wie Deutschland föderal organisiert ist, hat dagegen große Fortschritte bei der Digitalisierung seiner Verwaltung gemacht. Eine Studie zeigt nun auf, wo Deutschland von seinem Nachbarn lernen kann.
16. Juli 2021Im E-Government-Benchmark der Europäischen Union (EU) rangiert Deutschland im unteren Mittelfeld. Von Spitzenreiter Estland weit entfernt und nur wenige Plätze vor Schlusslicht Rumänien. Dramatischer könnte ein Ergebnis eigentlich kaum ausfallen für die größte Volkswirtschaft der Europäischen Union (EU). Estland taugt ob seiner Größe und Struktur nicht für einen brauchbaren Vergleich mit Deutschland. Die Alpenrepublik Österreich kommt auf Platz acht und sticht in dem Ranking positiv hervor: Das Land hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte bei der Digitalisierung seiner öffentlichen Verwaltung gemacht. Wegen seiner föderalen Struktur ist ein Vergleich mit Deutschland gut geeignet.
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Forscher des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben gemeinsam mit ihrem österreichischen Partner EcoAustria im Auftrag der INSM untersucht, wie Österreich unter ähnlichen Voraussetzungen wie Deutschland mit Blick auf Föderalismus und Datenschutz die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung konsequent vorangetrieben hat – und welche Lehren daraus für Deutschland zu ziehen sind.
Eine digitalisierte Verwaltung bringt nicht nur Erleichterungen für die Bürgerinnen und Bürger bei Dienstleistungen wie Meldeangelegenheiten. Auch Firmengründungen leiden unter der nur schleppenden Digitalisierung. Um die Gründung zu vollziehen, müssen in Deutschland weiterhin mehrere Behörden kontaktiert werden. Hierzulande sind zur Gründung einer produzierenden GmbH neun Verfahren notwendig, von denen drei physisch abgewickelt werden müssen. In anderen Ländern geht das deutlich weniger bürokratisch. Im Starting-a-Business-Ranking der Weltbank kommt Deutschland auf Platz 125 von 190, Österreich liegt trotz der jüngsten Verbesserungen noch auf Platz 127, während Frankreich auf Rang 37 kommt und Estland mit Rang 14 weit vorn liegt.
Deutschland kann es sich angesichts der wachsenden Herausforderungen etwa durch den demografischen Wandel und der Staatsverschuldung in Folge der Corona-Pandemie nicht leisten, Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen – durch zu viel Bürokratie wegen mangelnder Digitalisierung. Die unzähligen Projekte, die derzeit laufen, müssen gebündelt werden und das Thema E-Government auch politisch gewollt sein. Nicht zuletzt ist auch eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur mit hohen Übertragungsraten erforderlich.