Regierungspolitik im Deutschland-Check

Deutschland Check Januar 2011

Im Deutschland Check Januar von INSM und WiWo bewerten die Wissenschaftler des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln den Referentenentwurf für das Steuervereinfachungsgesetz 2011.

25. Januar 2011

Entwicklung von Wachstum und Beschäftigung

Auch zum Jahresausklang 2010 zeigte sich die wirtschaftliche Entwicklung von ihrer positiven Seite. Die Auftriebskräfte behielten auch im Dezember 2010 die Oberhand – sowohl der Arbeitsmarkt- als auch der Wachstumsindex schlossen das Jahr 2010 nochmals mit einem deutlichen Plus im Dezember ab.

Konjunkturkurven Schöne Entwicklung: Arbeitsmarkt- und Wachstumsindex zeigen nach oben.

Arbeitsmarktindex zeigt nach oben

Auch im letzten Monat des Jahres zeigt der Arbeitsmarktindex nach oben. Allerdings trug diesmal nur einer der beiden Teilindikatoren zur positiven Entwicklung bei: Die Zahl der Arbeitslosen ist saisonbereinigt erstmals seit 13 Monaten (letztmals im Oktober 2009) wieder leicht um 3.000 gestiegen. Der frühe und starke Wintereinbruch dürfte ein Grund dafür sein.

Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen befindet sich hingegen mit einem Plus von 10.000 Stellen oder 2,6 Prozent weiter auf Expansionskurs. Hier ist kein Erlahmen der Dynamik erkennbar, was positiv für die weiterer Beschäftigungsentwicklung stimmt.

Insgesamt kann der Arbeitsmarktindex an die sehr positive Entwicklung der Vormonate anknüpfen und das Tempo mit einem Plus von 1,2 Prozent fast halten.

Wachstum ungetrübt

Völlig ungetrübt präsentierte sich der Wachstumsindex im Dezember. Alle drei Teilindikatoren trugen zum guten Gesamtbild bei:
Ausgehend von einem ohnehin schon hohen Niveau verbesserte sich die Lagebeurteilung der gewerblichen Wirtschaft nochmals um 0,5 Prozent.

Der DAX-Performance-Index kletterte im Dezember um 226 Punkte oder beachtliche 3,4 Prozent. Die 7.000-Makre konnte er allerdings 2010 nicht überspringen. Dies bleibt dann wohl das Ziel für 2011.

Nach dem fulminanten Anstieg im Oktober (+3,0 Prozent) legte dieIndustrieproduktion im November 2010 eine Verschnaufpause ein und ging im 0,6 Prozent zurück. Die gute Stimmung der Unternehmen und die positive Entwicklung bei den Auftragseingängen lassen jedoch erwarten, dass die Industrieproduktion im Dezember wieder mit einem leichten Plus abschließen konnte.

Urteil der Ökonomen

Steuervereinfachung: Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen für ein Steuervereinfachungsgesetz 2011.

Der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und FDP hat sich Anfang Dezember 2010 auf ein Maßnahmenpaket zur Vereinfachung des Steuerrechts und Modernisierung der Besteuerungsverfahren geeinigt. Darauf aufbauend legte das Bundesfinanzministerium noch vor Weihnachten einen Referentenentwurf für ein Steuervereinfachungsgesetz 2011 vor, das allerdings zum Großteil erst zum 1. Januar 2012 in Kraft treten soll.

Zentrale aufkommenswirksame Maßnahmen sind die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920 Euro auf 1.000 Euro, die zukünftige einheitliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben und die Gewährung von Kindergeld bzw. -freibeträgen für volljährige Kinder ohne aufwändige Nachweispflichten im Hinblick auf
Einkünfte und Bezüge der Kinder.

Weitere Regelungen betreffen die Vereinfachung von Nachweispflichten u.a. bei der Entfernungspauschale, bei der Besteuerung von Gewinnen aus der Forstwirtschaft und insbesondere bei der elektronischen Kommunikation von Betrieben mit dem Finanzamt, bei der in Zukunft vielfach auch elektronische Nachweise als hinreichend akzeptiert werden. Diese haben keine oder geringe fiskalische Effekte auf das Steueraufkommen, sollen jedoch die Bürokratiekosten insbesondere bei den Steuerpflichtigen, aber auch in der Steuerverwaltung reduzieren. Insgesamt kalkuliert das Bundesfinanzministerium eine Kostenreduktion von über vier Milliarden Euro.

Bewertung durch das IW Köln: 3 von 5 Sternen 

Begründung

Das Bestreben der Koalition Steuerregelungen zu vereinfachen und Verfahren zu modernisieren ist begrüßenswert. Mit dem als Referentenentwurf vorliegenden Maßnahmenpaket entschlackt die Koalition tatsächlich eine Reihe von unnötig komplizierten Vorschriften und reduziert aufwändige und teure Nachweispflichten. Dennoch wird im Gesetzesentwurf nur eine überschaubare Anzahl an Baustellen angegangen und diese häufig nochhalbherzig.

Die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, die die Koalition als zentrale Maßnahme zur Steuererleichterung hervorhebt, kann als solche kaum gelten. Zwar werden etwa eine halbe Million Steuerpflichtige, die bislang Werbungskosten oberhalb von 920 Euro, jedoch unter 1.000 Euro ausgewiesen hatten, diese nicht mehr im Detail nachweisen müssen. Dabei handelt es sich aber lediglich um etwa 1,4 Prozent der steuerpflichtigen Arbeitnehmer. Diejenigen, die aufgrund von Fahrtkosten oder anderen Werbungskosten schon bisher Ausgaben von mehr als 1.000 Euro angegeben haben, gehen bei dieser Maßnahme völlig leer aus. Und das sind immerhin mehr als ein Drittel der steuerpflichtigen Arbeitnehmer. Sollte die Maßnahme die allgemeine Preisentwicklung seit der letzten Änderung der Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer in 2004 nachvollziehen, fällt die Erhöhung eindeutig zu gering aus. Selbst für gutverdienende Arbeitnehmer bleiben weniger als drei Euro Steuerersparnis pro Monat; bei einem Grenzsteuersatz von 25 Prozent reduziert sich die monatliche Steuererleichterung auf nur noch 1,67 Euro. Vor diesem Hintergrund kann wohl kaum von einer spürbaren Entlastung die Rede sein. Hinzu kommt, dass nicht einmal zwei Drittel der Arbeitnehmer in den Genuss der Steuerersparnis kommen und lediglich eine kleine Minderheit eine tatsächliche Vereinfachung beim Ausfüllen der Steuererklärung erhält. Eine Steuerentlastung über den Tarif wäre die bessere Alternative, denn davon profitieren alle Steuerzahler.

Der Wegfall der Pflicht zur Unterscheidung von beruflich bedingten oder privat veranlassten Kinderbetreuungskosten, von mit dem PKW oder ÖPNV zurückgelegten Fahrten zum Arbeitsort und der Nachweispflichten beim Einkommen kindergeldberechtigter volljähriger Kinder sind sinnvoll und reduzieren den bürokratischen Aufwand - sowohl bei den Steuerpflichtigen als auch im Finanzamt. Die genannten Maßnahmen sind jedoch typisch für das deutsche Einkommensteuerrecht und deshalb exemplarisch für eine Vielzahl weiterer notwendiger Maßnahmen, die in ähnlicher Weise die Handhabung der Einkommensbesteuerung vereinfachen und erleichtern können.

Für Unternehmen sind eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen, die wie insbesondere die Erleichterungen bei der elektronischen Rechnungsstellung, deren Aufwand und Kosten tatsächlich senken und Verfahren grundsätzlich vereinfachen können. In der Konsequenz können Unternehmen verstärkt elektronische Rechnungen nutzen und müssen weniger Papier vorhalten und aufbewahren, was weitere Kosteneinsparungen ermöglicht.

Der Referentenentwurf kündigt darüber hinaus die Harmonisierung steuer und sozialrechtlicher Vorschriften, sowie Vereinfachungen des Unternehmenssteuerrechts an. Diese werden jedoch nicht mit dem entworfenen Jahressteuergesetz in Kraft treten, sondern müssen erst konkretisiert und ausgearbeitet werden.

Die von der Koalition angekündigte große Steuerreform mit umfangreichen Erleichterungen lässt weiter auf sich warten und ist weiterhin nicht abzusehen. Schließlich treten wesentliche Regelungen des geplanten Jahressteuergesetzes 2011 erst zum kommenden Jahreswechsel in Kraft. Der Referentenentwurf beinhaltet zwar eine Reihe sinnvoller und tatsächlich vereinfachender Maßnahmen, kann aber bestenfalls als erster Schritt in die richtige Richtung bewertet werden.