Konjunkturpakete sind kein Ersatz für Strukturreformen. Davon ist der Harvard-Ökonom Prof. Dr. Kenneth Rogoff überzeugt. Bei der XI. Ludwig-Erhard-Lecture der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) warnte er vor über 150 geladenen Gästen die europäischen Regierungen davor, sich von den gegenwärtig niedrigen Zinsen zu neuen Schulden verleiten zu lassen.
25. Juni 2014Strukturreformen wie sie Schweden und Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten bereits durchgeführt haben, seien das geeignetste Mittel, um beispielsweise Frankreich und Italien zurück auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen. Nach Roggofs Meinung ist eine erhöhte antizyklische Verschuldung und eine leichtere Kreditaufnahme zur Finanzierung von nachhaltig produktiven Staatsinvestitionen ein komplexes, politisches Thema. Rogoff: „Länder mit chronisch geringem Wachstum und dauerhaftem Defizit müssen in aller Regel tiefgreifende Strukturreformen einleiten, reine Konjunkturpakete stellen keine langfristige Lösung dar.“
Vor einem Rückfall in alte und als falsch erkannte Verhaltensmuster warnte auch der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Prof. Dr. Jürgen Stark. Verantwortungsvolle europäische Politiker dürften die Fehler von 2003 nicht wiederholen. Laut Stark wäre eine laxere Fiskalpolitik „ein Rückgriff auf veraltete und untaugliche politische Rezepte. Sie schafft kein nachhaltiges Wachstum. Stattdessen steigen die Staatsschulden ungebremst weiter, obwohl in vielen Ländern die Grenze der wirtschaftlichen Tragfähigkeit erreicht ist.“
Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM, erinnerte daran, dass konstante Wirtschaftspolitik ein zentrales Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft ist. Noch sei die Schuldenkrise nicht ausgestanden. Pellengahr: „Die EZB hat den verantwortlichen Regierungen Zeit erkauft, um Reformen umzusetzen und die Staatshaushalte zu konsolidieren. Jetzt sind die Regierungen aufgefordert, den Worten auch Taten folgen zu lassen.“
Der Kuratoriumsvorsitzende der INSM und ehemalige Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Dr. h.c. Wolfgang Clement, betonte anlässlich der Veranstaltung: „Wir brauchen eine konsequente Fortsetzung der Konsolidierungs- und Reformpolitik. Am Fiskalpakt darf nicht gerüttelt werden! Nötig ist hingegen eine entschiedene europäische Industriepolitik. In deren Zentrum sollte ein privat zu finanzierendes Infrastrukturprogramm für Energie und IT, für Straße und Schiene stehen.“