Die neueste Steuerschätzung hat ergeben: Bund, Länder und Kommunen können bis zum Jahr 2019 mit deutlich höheren Steuereinnahmen rechnen als bisher veranschlagt. Fast 40 Milliarden Euro mehr sollen es sein als noch im November prognostiziert. Beste Voraussetzungen also, um die Steuerzahler zu entlasten. CDU und CSU planen, den Soli bis 2030 schrittweise abzubauen, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hingegen will ihn in den Steuertarif integrieren. Der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft geht das nicht weit genug – sie fordert den Gesetzgeber deshalb auf: Beseitigt die kalte Progression noch in diesem Jahr, und schafft den Solidaritätszuschlag noch in diesem Jahrzehnt ab! - Ein Standpunkt von INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr
7. Mai 2015
Der Aufbau der ostdeutschen Bundesländer ist eine Erfolgsgeschichte und steht für den deutschen Föderalismus. Doch weite Teile der erhofften Entwicklung Ostdeutschlands sind erreicht, mittlerweile gibt es in anderen Regionen der Republik größere Baustellen.
Zudem unterliegt der Soli wie alle Einnahmen laut Haushaltsgrundsätzegesetz dem Gesamtdeckungsprinzip: Alle Einnahmen dienen der Deckung aller Ausgaben, spezielle Zweckbindungen sind grundsätzlich nicht vorgesehen. Das bedeutet, dass der Solidaritätszuschlag nicht unmittelbar dem Aufbau der neuen Länder zugutekommen muss.
Der Solidaritätszuschlag erreichte 2014 ein Aufkommen von 15 Milliarden Euro, das vollständig an den Bund floss. Die vom Bund an die Länder gezahlten Zuweisungen betrugen allerdings nur 5,8 Milliarden Euro, der Bund macht schon heute durch den Soli ein Plus von 9,2 Milliarden Euro. Würde der Solidaritätszuschlag abgeschafft, hätte dies also keineswegs zur Folge, dass die Förderung der neuen Bundesländer unmittelbar vollständig eingestellt werden müsste oder der Staat keine Investitionen mehr tätigen könnte. Weshalb sollten die Bürger unter diesen Bedingungen bis 2030 den Solidaritätszuschlag – wenn auch in geringerer Höhe – weiterzahlen?
Die Gefahr, dass der Staat ohne den Solidaritätszuschlag unterfinanziert wäre, besteht jedenfalls nicht. Die volkswirtschaftliche Steuerquote – der Anteil der Steuerzahlungen am Bruttoinlandsprodukt – liegt derzeit bei einem sehr hohen Wert von rund 23 Prozent und wird den Prognosen zufolge auch künftig auf diesem Niveau bleiben. Wird der Solidaritätszuschlag jetzt abgeschafft, läge sie rund einen halben Prozentpunkt niedriger, was ungefähr dem Durchschnitt seit der Wiedervereinigung entspricht. Dies sollte der Bundeshaushalt verkraften. Es ist also an der Zeit, den Zuschlag mit dem Solidarpakt 2 im Jahr 2019 auslaufen zu lassen!
Noch in diesem Jahr sollte die kalte Progression in die Geschichtsbücher verbannt werden, indem der Steuertarif um die Preissteigerung reduziert und anschließend „auf Räder“ gesetzt wird. Die Progression hat zur Folge, dass – solange sich nichts am Einkommenssteuertarif ändert – bei jeder noch so kleinen Lohnerhöhung der Steuersatz steigt. Deshalb wächst die Steuerbelastung schon, wenn ein Arbeitnehmer gerade so viel mehr Geld bekommt, dass die Preissteigerung ausgeglichen wird, er sich also trotz Lohnerhöhung weniger leisten kann als im Vorjahr.
Durch einen Steuertarif „auf Rädern“ erhöhen sich der Freibetrag und die Tarifgrenzen jährlich mit der Preissteigerung. Dadurch wird der Effekt der kalten Progression vollständig beseitigt, und die Einkommensteuerlast steigt nur für eine reale Einkommenssteigerung progressiv an.
Die kalte Progression betrifft die Steuerpflichtigen in unterschiedlichem Ausmaß. Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen werden relativ zu ihrem Einkommen stärker durch die kalte Progression belastet. Im Umkehrschluss würden diese Gruppen überdurchschnittlich von einem Steuertarif „auf Rädern“ profitieren. Die Steuerschätzung zeigt: Auch ohne die ungerechtfertigten Zusatzeinnahmen der kalten Progression und sogar ohne den in die Jahre gekommenen Soli hat der Staat ausreichend hohe und stabile Einnahmen. Ein gerechtes Steuersystem ist Teil des Deutschland-Prinzips. Ein gerechtes Steuersystem macht uns stark.
Was der Wegfall des Solidaritätszuschlags konkret für den Arbeitnehmer bedeuten würde – eine Modellrechnung
Wenn der Solidaritätszuschlag sofort abgeschafft würde, dann hätte der ledige Durchschnittsverdiener etwa in der Metall- und Elektro-Industrie jeden Monat 43 Euro mehr auf dem Konto. Denn der alleinstehende Arbeiter in diesem Industrie-Zweig verdient – tariflich angepasst – zurzeit monatlich 4.100 Euro brutto. Davon entfallen 783,16 Euro auf die Lohnsteuer, 43,07 Euro werden als Solidaritätszuschlag abgeführt. Auf ein Jahr gerechnet hätte der Arbeitnehmer also knapp 520 Euro mehr zur Verfügung, wenn es den Solidaritätszuschlag nicht gäbe.