Wirtschaftsentwicklung: Nur Tempoverluste im Laufe des Jahres
Der wirtschaftliche Aufschwung ist nach wie vor intakt. Zwar signalisieren konjunkturelle Frühindikatoren, dass sich das Tempo im weiteren Verlauf des Jahres verringern könnte, aber an der positiven Grundtendenz ändert dies nichts. Die globale Nachfrage ist kräftig und der Welthandel floriert, trotz der dämpfenden Effekte, die durch die Entwicklungen in Japan und Nordafrika wirksam sind. Gute Nachrichten sind dies vor allem auch für den deutschen Finanzminister. Die Steuerquellen sprudeln kräftiger als noch in der Steuerschätzung vom November letzten Jahres angenommen. Die aktuelle Mai-Steuerschätzung hat kräftige Aufwärtskorrekturen für dieses und die nächsten Jahre gebracht. Der staatliche Finanzierungssaldo wird deshalb dieses Jahr, dies versprechen die aktuellen Prognosen, deutlich unterhalb der 3-Prozent-Maastrichtgrenze bleiben. So erfreulich diese Entwicklung ist: Die Konsolidierungsaufgabe, die die Schuldenbremse Bund und Länder vorgibt, ist damit keineswegs erfüllt. Die Finanzminister von Bund und Ländern wären deshalb gut beraten, angesichts der positiven Nachrichten von der Steuerfront aufkommenden Begehrlichkeiten für staatliche Ausgabenerhöhungen einen Riegel vorzuschieben.
Die positive wirtschaftliche Grundtendenz spiegelt sich im April auch im Arbeitsmarktindex und Wachstumsindex des D-Checks wider, deren Aufwärtstendenz sich im April fortsetzen konnte.
Die April-Ergebnisse im Einzelnen:
Die Arbeitsmarktindikatoren halten ihren Kurs. Auch im April trugen beide Teilindikatoren zum Anstieg des Arbeitsmarktindex bei:
- Die Zahl der Arbeitslosen ging im April saisonbereinigt um 37.000 Personen auf 2.970 Tsd. zurück. Man muss schon weit zurückblicken, um eine solche Erfolgsmeldung zu finden. Die Schwelle von saisonbereinigt 3 Millionen Arbeitslosen wurde zuletzt im Juni 1992 unterschritten! Im März 2005 lag sie noch über 5 Millionen.
- Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen stieg saisonbereinigt im April weiter auf 460.000 an. Sie lag damit um 37.000 Stellen höher als noch einen Monat zuvor. Die Zunahme hat sich damit sogar wieder beschleunigt.
- Insgesamt stieg der Arbeitsmarktindex im April um 3,3 Punkte oder 2,1 Prozent. Das hohe Anstiegstempo der letzten Monate konnte somit gehalten werden.
Die gute Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes in und nach der schweren Rezession und die Diskussion über zunehmende Fachkräfteengpässe am deutschen Arbeitsmarkt zeigen, dass hohe Arbeitslosigkeit nicht unser Schicksal sein muss und Vollbeschäftigung keineswegs eine unerfüllbare Illusion bleiben muss. Um dem Vollbeschäftigungsziel Nachdruck zu verleihen, wird mit dieser Ausgabe des D-Checks dem Arbeitsmarktindex eine Vollbeschäftigungsschwelle an die Seite gestellt und grafisch umgesetzt (siehe Abb. Arbeitsmarktindex).
Nun wird Vollbeschäftigung nicht erst bei einer Arbeitslosenquote von null Prozent erreicht. Allein schon wegen der natürlichen Fluktuation auf einem funktionierenden Arbeitsmarkt liegt die Quote deutlich höher. Denn ein dynamischer und flexibler Arbeitsmarkt ist immer in Bewegung, Arbeitsplätze gehen verloren und neue entstehen. Die Frage, bei welcher Arbeitslosenquote Vollbeschäftigung genau erreicht ist, lässt sich kaum eindeutig beantworten und ändert sich im Zeitablauf. Hier wird angenommen, dass Vollbeschäftigung ab einer Arbeitslosenquote von 3,5 Prozent erreicht ist.
Für den im D-Check ausgewiesenen Arbeitsmarktindex bedeutet dies einen Indexwert von 260. Die Grafik zeigt, dass der Arbeitsmarktindex derzeit noch ein gutes Stück von diesem Vollbeschäftigungsschwellenwert entfernt ist. Aber er ist in Reichweite. Wenn der Arbeitsmarktindex sich mit dem Tempo verbessert, den er seit seinem Tiefpunkt im September 2009 erreicht hatte, wird er die 3,5-Prozentschwelle Mitte 2015 erreichen. Das ist verlockend nah. Aber es wird nicht leicht sein, dieses Erfolgstempo am Arbeitsmarkt durchzuhalten, um das Ziel auch wirklich so schnell zu erreichen. Ohne eine weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung am deutschen Arbeitsmarkt wird das Vollbeschäftigungsziel wohl für längere Zeit ein Hoffnungswert bleiben. Die Wirtschaftspolitik bleibt gefordert.
Wachstumsindex macht wieder an Boden gut
Nachdem der Wachstumsindex im März 2011 erstmals seit August 2010 ins Minus gerutscht war, konnte er im April wieder Boden gut machen. Zwei der drei in diesen Index eingehenden Teilindikatoren haben dazu beigetragen:
- Dass der Wachstumsindex im Plus ist hat er vor allem der deutlichen Erholung des DAX-Performance-Index im April zu verdanken. Die Verluste im März (-3,2 Prozent) konnte er im April wieder mehr als wettmachen. Zu Buche steht ein kräftiges Plus von 6,7 Prozent.
- Trotz aller gegenteiligen Erwartungen stieg der Ifo-Lage-Index im April weiter um 0,4 Prozent an. Das Anstiegstempo hat sich gegenüber dem Vormonat allerdings mehr als halbiert.
- Die Industrieproduktion stieg im März 2011 nur real und saisonbereinigt um 0,5 Prozent an. Gleichzeitig gingen die Auftragseingänge für die Industrie im März um 4 Prozent zurück. Unsere Produktionsprognose für den Monat April signalisiert einen leichten Rückgang der Industrieproduktion, so dass dieser Teilindex den Anstieg etwas bremst.
- Insgesamt legt der Wachstumsindex aber im April weiter um 4 Punkte oder 3,2 Prozent zu. Dass der Anstieg so kräftig ausfällt, liegt – wie schon erwähnt – aber vor allem an der stürmischen Erholung am Aktienmarkt.